GESCHICHTE DER LIETZ-SCHULE
Eine Gemeinschaft seit 1928. Im Zeichen einer langen Tradition: Ein Portrait der Hermann Lietz-Schule Spiekeroog.
Stürmische Zeiten, große Herausforderungen, freudige Ereignisse und wichtige Meilensteine! Machen Sie sich auf eine Reise durch fast 100 Jahre Internatsgeschichte.
Um diese einzigartige Schule zu verstehen, lohnt es sich, in den Gründergeist unserer Schule einzutauchen.
Unsere Geschichte
„Mut zum Wagnis“– so könnte man seit Schulgründung im Jahr 1928 das pädagogische Motto der Hermann Lietz-Schule benennen.
Im Mai 2020 wurde die gleichnamige Skulptur des Kölner Künstlers Hannes Helmke, der jedes Jahr auf dem Zeltplatz von Spiekeroog sein Sommeratelier einrichtet, aufgestellt. Nun gibt es drei herausragende Helmke-Skulpturen auf der Insel, und der Eingangsbereich des Inselinternats wird zum beliebten Fotomotiv.
Ein herzliches Dankeschön an Mike Iwand und Helga Hartje, die der Schule diese Skulptur geschenkt haben.
Mit mehreren Jahren Vorlauf konnten zwei Großprojekte realisiert werden.
Aus den alten Naturwissenschaften wurde ein modern ausgestattetes 'Haus der Nachhaltigkeit' mit multimedial eingerichteten Seminarräumen. Damit konnte die Modernisierung aller Unterrichtsräume abgeschlossen werden, die durch Beamer in Kombination mit Apple-TVs und einem Tabletklassenkonzept zum kollaborativ und digital unterstützten Lernen einladen.
Mit der Modernisierung des Verwaltungstraktes wurden gleichzeitig Klimaschutzmaßnahmen im gesamten Haus umgesetzt. Unter anderem wurde die Beleuchtung durch LED-Technik auf den aktuellen Stand gebracht.
Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an alle Stiftungen, das Land Niedersachsen und an alle Einzelförder*innen, die die Maßnahmen unterstützt haben!
90 Jahre Lietz und 25 Jahre High Seas High School – Grund genug, zwei Tage lang mit 250 Gästen auf Spiekeroog zu feiern.
In Workshops wurde in die Zukunft geplant. Schüler*innen aus den letzten fünf Jahrzehnten teilten ihre persönlichen Erfahrungen im Festpodium. Und Prof. Dr. Klaus Zierer von der Universität Oldenburg – seit vielen Jahren Schulentwicklungsberater der Spiekerooger Lietzschule – hielt einen spannenden Fachvortrag.
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220.000 Gäste haben seit der Gründung das Nationalpark-Haus Wittbülten besucht.
Am 10-jährigen Festtag konnte Geschäftsführerin Swaantje Fock über 200 Gäste begrüßen: Darunter Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel und den Präsidenten der Universität Oldenburg Prof. Dr. Dr. Hans Michael Piper.
Nach der Festveranstaltung gab es ein spannendes Programm mit Fachvorträgen, Kindertheater, Führungen, Experimenten, Musik und einer abendlichen Party.
Da die schuleigenen Deiche den zu erwartenden Folgen des Klimawandels nicht gewachsen gewesen wären, wurden die Deichanlagen rund um die Hermann Lietz-Schule durch das Land Niedersachsen erheblich verstärkt.
Zur abschließenden Stabilisierung bepflanzten im März 2012 in einer großen gemeinsamen Aktion sämtliche Lietzer*innen die Dünen mit Strandhafer.
Zum ersten Mal lud die 'Sommer-Insel-Uni' Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 14 Jahren ein, in den Sommerferien eine Woche lang die Insel und das Wattenmeer zu erforschen. Vorbereitet wurde die Insel-Expedition von Studierenden der Universität Oldenburg und Schüler*innen der Spiekerooger Forschungs-AG.
Nach mehrjähriger Kooperation als offizieller Bildungs- und Informationspartner des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer wurde dem Wittbülten im Mai 2011 der Titel "Nationalpark–Haus" verliehen.
Im September 2011 wurde das neue Forschungszentrum eingeweiht. Die Forschungslabore und das Forscherhaus entstanden in Kooperation mit dem Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg.
Durch Initiative der Heinrich-Pferdmenges-Stiftung - verknüpft mit einer großzügigen Spende - wurde eine eigene Stipendienstiftung gegründet. Ziel ist es, diese durch Sponsoren auszubauen, die der Hermann Lietz-Schule Spiekeroog verbunden sind. Vorstandsvorsitzender der Stiftung ist Schulleiter und Geschäftsführer Florian Fock.
In einem Festakt mit 350 Gästen eröffnete der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Lutz Stratmann, am 25. August 2007 die neu erbaute Mehrzweckhalle am Spiekerooger Inselinternat.
Benannt wurde die moderne Sport- und Veranstaltungsstätte nach Wilhelm–Theodor Schmieding. Der 2001 verstorbene ehemalige Lehrer engagierte sich in den 80er Jahren auf vielfältige Weise bei der Neuformierung der Hermann Lietz-Schule Spiekeroog.
Seine Tochter, Prof. Dr. Karin von Welck, ehemalige Kultursenatorin von Hamburg, erinnerte in einer Rede an die Zeit ihres Vaters an der Schule.
Im Gebäude der ehemaligen Turnhalle eröffnete 2006 das „Wittbülten", das sich schnell zu einer der wichtigsten touristischen Attraktion der Insel entwickelte.
Unter Beteiligung von Lietz-Schüler*innen, die in der Museumsgilde aktiv sind, bietet das heutige Nationalpark-Haus eine umfangreiche Ausstellung zur Insel Spiekeroog und zu deren Tier- und Pflanzenwelt sowie zahlreiche Veranstaltungen im Bereich der Umweltbildung.
Am 25. und 26. April 2003 wurde das 75-jährige Bestehen des Inselinternats gefeiert. Auf dem Festprogramm standen u.a. der Besuch des Bundespräsidenten Johannes Rau und der Kuratoriumsvorsitzenden Christina Rau, der Einlauf der High Seas High School mit dem Toppsegelschoner Thor Heyerdahl im Hafen von Spiekeroog und eine große Feier.
Nach dem großen Erfolg der High Seas High School bot die Hermann Lietz-Schule 2002 zum ersten Mal die Summer High Seas High School für Siebt- und Achtklässler an. Der zweiwöchige Ostsee-Törn findet seither regelmäßig während der Sommerferien statt.
Zum ersten Mal stach die High Seas High School– Das segelnde Klassenzimmer 1993 mit dem Toppsegelschoner Fridtjof Nansen in See.
Initiator und Ideengeber war der damalige Leiter des Internats Hermann Lietz-Schule Spiekeroog, Dr. Hartwig Henke.
Bis heute ist das innovative Projekt zentraler Bestandteil des Schulkonzeptes.
- 1986 ging die erste Versuchswindkraftanlage mit 25 kW in Betrieb.
- 1991 wurden die ersten Sonnenkollektoren installiert.
- Die heutige Windkraftanlage (225 kW) entstand 1995.
Der Bundespräsident Dr. Richard von Weizsäcker besichtigte die Hermann Lietz-Schule Spiekeroog
1983 wurde die Hermann Lietz-Schule Spiekeroog durch die Stiftung "Deutsche Landerziehungsheime Hermann-Lietz-Schule" geschlossen.
1984 folgte die Neugründung in Form einer gemeinnützigen GmbH als Trägerin der Hermann Lietz-Schule Spiekeroog durch eine gemeinsame Initiative von Mitarbeiter*innen, Eltern und ehemaligen Schüler*innen.
Der Bundespräsident Dr. Gustav Heinemann kam zu einem Besuch in die Hermann Lietz-Schule Spiekeroog.
Im 2. Weltkrieg wurden zahlreiche Schüler als Flakhelfer auf der benachbarten Insel Wangerooge eingesetzt, darunter auch Wolf Jobst Siedler und Ernst Jünger, Sohn des gleichnamigen Schriftstellers. Sie galten als Rädelsführer einer Schülergruppe, die heimlich den „Feindsender“ BBC hörte und regimekritische Diskussionen führte.
1944 wurden sie beide wegen Wehrkraftzersetzung verhaftet und zu neun Monaten Zuchthaus mit anschließender „Frontbewährung“ verurteilt. Ernst Jünger jun. kam dabei ums Leben, Wolf Jobst Siedler wurde verwundet und geriet in Kriegsgefangenschaft.
Anlässlich der 75-Jahr-Feier im Jahr 2003 besuchte Siedler, inzwischen einer der bedeutendsten deutschen Publizisten und Verleger der Nachkriegszeit, erstmalig wieder die Hermann Lietz-Schule Spiekeroog. Vorausgegangen war eine intensive Aufarbeitung der Geschichte durch Lehrer*innen und Schüler*innen im Rahmen von Projektarbeiten.
Literaturtipp: Wolf Jobst Siedler: Ein Leben wird besichtigt, Siedler-Verlag, 2000
Der spätere Raketeningenieur und Wegbereiter der Raumfahrt, Wernher Freiherr von Braun (1912–1977), besuchte ab Herbst 1925 das Internat der Hermann-Lietz-Schule auf Schloss Ettersburg bei Weimar. Drei Jahre später wechselte er an die gerade gegründete Hermann Lietz-Schule Spiekeroog. Aufgrund guter Leistungen konnte er dort vorzeitig mit 18 Jahren im April 1930 die Abiturprüfung ablegen.
Wernher von Braun trat 1940 der SS bei und war an der Entwicklung der V2-Rakete beteiligt, die auch auf zivile Ziele gerichtet wurde. Er war sich der Verwendung von Zwangsarbeitern bei der Raketenproduktion bewusst und wurde 1944 von der Gestapo kurzzeitig festgenommen, da er den militärischen Erfolg Hitlers infrage stellte und sein Bedauern äußerte, dass die Rakete als Waffe statt als Mittel zur Weltraumerforschung genutzt wurde. Nach dem Krieg wurde er als US-Bürger in das Atomwaffenprogramm der USA integriert, bevor er zur NASA wechselte und ab 1950 am Apollo-Programm mitwirkte, welches die erste Mondlandung realisierte.
Die Hermann Lietz-Schule Spiekeroog bekennt sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und distanziert sich von jeder Form der Gewalt. In der Reflexion der Geschichte sehen wir es als unsere Aufgabe, auch die umstrittenen und problematischen Aspekte hervorzuheben, die mit Persönlichkeiten wie Wernher von Braun verbunden sind.
Literaturtipp: Neufeld, Michael: Visionär des Weltraums – Ingenieur des Krieges, Siedler-Verlag, 2009
Der ehemalige Mitarbeiter von Hermann Lietz, Alfred Andreesen, gründete 1928 das Landerziehungsheim Spiekeroog als Oberstufenheim.
Die exponierte Lage mitten im Wattenmeer erforderte nicht zuletzt beim Deichbau einen besonderen Einsatz von Mitarbeitenden und Schülern. Finanziell unterstützt wurde die Schulgründung durch den rheinischen Textil-Industriellen Heinrich Pferdmenges.
Der Reformpädagoge Alfred Andreesen (1886–1944) wurde 1909 Lehrer im Landerziehungsheim Ilsenburg und 1911 stellvertretender Leiter des Landerziehungsheims Schloss Bieberstein in Hessen.
1919 übernahm er auf Wunsch von Hermann Lietz nach dessen Tod die Gesamtleitung der Hermann-Lietz-Schulen.
Diese überführte er 1920 in die neu eingerichtete Stiftung „Deutsche Landerziehungsheime Hermann Lietz-Schulen" und gründete neue Heime: 1923 Gebesee und Ettersburg, 1924 Buchenau, 1928 Spiekeroog und 1941 Schloss Hohenwehrda.
Hermann Lietz
* 26.04.1868 – Dumgenevitz auf Rügen
† 12.06.1919 – Haubinda bei Hildburghausen (Thüringen)
Der Sohn eines Gutsbesitzers studierte evangelische Theologie, Philosophie, Geschichte und Germanistik in Halle/Saale und Jena. 1892 legte er die 1. theologische Prüfung und die Oberlehrerprüfung ab. Nach der Referendarzeit in Putbus auf Rügen wurde er Oberlehrer an der Jenaer Universitäts-Übungsschule und stellvertretender Direktor an einer Privatschule in Kötzschenbroda bei Dresden (1895/96). 1901 promovierte er in Jena.
Das Vorbild für sein eigenes Schulkonzept fand Lietz 1896/97 in England, in der von Cecil Reddie 1889 gegründeten New School Abbotsholme. 1898 eröffnete Lietz das erste „Deutsche Landerziehungsheim" in Ilsenburg im Harz. Weitere Gründungen folgten: Haubinda 1901, Bieberstein 1904, Veckenstedt 1914. Sein Ziel war es, Heranwachsende geschützt vor den negativen Einflüssen der Stadt, geborgen in familienähnlichen Strukturen und im Sinne Pestalozzis mit "Kopf, Herz und Hand" zu erziehen.
Im ersten Weltkrieg diente Lietz zwei Jahre als Kriegsfreiwilliger, bevor er 1917 an Anämie erkrankte und 1919 in Haubinda starb.
Die stark nationalistisch geprägte Einstellung von Hermann Lietz und sein problematisches Verständnis vom Begriff der menschlichen Rassen ist auch ein Teil seiner Persönlichkeit gewesen.
In allen vier Hermann Lietz-Schulen gilt heutzutage: Es kommt auf jeden an! Das friedliche Zusammenleben aller Weltbürger und globale Gerechtigkeit gehören zu unseren zentralen Wertvorstellungen.
Literaturtipp: Koerrenz, Ralf: Hermann Lietz. Paderborn 2011
Alfred Andreesen, 1928