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Virtueller Tag der offenen Tür – 22.02.2025

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12. Februar 2025 Back to the Sea

11.2.2025, 19:33 Uhr
Koordinaten: 13°37,065` N, 79°31,910` W
Zurückgelegte Seemeilen: 7903 nm
Wetter: 4 Meter Wellen · Wind: N0 6
Momentane Geschwindigkeit: 5,3 kts
Kurs: 344° · Ziel: Kuba
Marines Leben (letzte 24h): Flieg Fisch, flieg!
Stimmung: Besser, die Seekrankheit wird weniger.
 
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Knapp vier Wochen ist es her, dass ich die Gulden Leeuw das letzte mal gesehen habe. Damals haben wir uns mit dem Bus von Portobelo aus auf den Weg nach David gemacht, zur Grenze von Panama und Costa Rica. Damals habe ich aus dem Bus die drei Masten hinter einer Biegung verschwinden sehen.

Dieses Mal ist es andersherum. Ich warte gespannt auf den Augenblick, bis ich das erste Mal die Masten erblicke. Endlich zeigen sie sich und kurz danach zeigt sich auch das ganze Schiff, das vor dem Landaufenthalt für drei Monate unsere Heimat war. Ich verspüre wie sich Freude, Heimatgefühle und Sehnsucht nach See in mir breit machen.

Bis wir alle an Bord sind, dauert es dann allerdings eine Weile. 50 Personen und Rucksäcke müssen mit zwei Schlauchbooten an Bord geschafft werden. An Bord angekommen treffen wir auf bekannte Gesichter und es fühlt sich direkt wieder nach zu Hause an. Wieder an Bord zu sein, fühlt sich gut an und eigentlich könnte es, wenn es nach mir geht, direkt wieder aufs Meer gehen: Den Wind wieder in den Haaren spüren; das endlose Blau um uns herum tanzen sehen; am Bug schwimmende Delphine unter klarem Sternenhimmel.

Geht allerdings nicht: Es muss noch proviantiert und außerdem eine Auffrischung zum Thema Sicherheit und Evakuierungsabläufen gemacht werden. Die Aufregung fand ihren Höhepunkt im Moment als der Anker gehoben wurde und es endlich losging. Wir ließen die Bucht mit den saftig grün bewaldeten Hügeln hinter uns und setzen den Kurs gen Osten, Richtung türkisblaue Karibik.

Zurück auf offener See kam es dann anders als erwartet: Die Berge aus Wasser schüttelten uns durch; unsicheren Schrittes geht es in Schlangenlinien übers Deck; bei einigen stellte sich erstes Unwohlsein ein. Leute liegen mit geschlossenen Augen auf Bänken, andere stehen mit verzerrtem Gesichtsausdruck an der Reling. Ich hatte zwar nicht vergessen, dass es auch noch Seekrankheit gibt, aber dass es uns wieder so hart erwischen würde, hätte ich nicht gedacht. Und in diesem Zuge wird mir wieder klar, was es eigentlich bedeutet, zurück auf See zu sein: Wenig Bewegungsraum, die ganze Zeit Bewegungen ausgleichen und Schräglage beim Schlafen, Essen, Duschen und jeder anderen Tätigkeit. Und als Kirsche auf der Sahne fliegt dann noch ganz unverhofft der Foodwaste durch den Raum und darf wieder aufgeräumt werden. So langsam frage ich mich, weshalb ich mir nochmal gewünscht hatte zurück aufs Meer zu kommen. Ist das wirklich das, was ich möchte? Finde ich das wirklich schön, auf den Knien ein Gemisch aus altem Kaffee, Bananenschalen, aufgequollenen Brotstücken und Salatresten zu beseitigen? Und warum stell ich mir diese rhetorische Frage gerade jetzt? Gestern waren solche Gedanken noch völlig fern.

Jetzt wo ich drüber nachdenke, erinnere ich mich an eine Situation von vor einigen Monaten, als wir nach zwei Wochen auf See das erste Mal wieder Land sahen. Damals konnte ich es kaum erwarten, wieder an Land zu kommen. So extrem ist es zwar noch nicht, aber ich kann den Gedanken wieder nachvollziehen.

Land in Sicht

Land in Sicht: Adrian und Sina genießen nach der Atlantiküberquerung den ersten Blick auf Martinique © Karo

Beitragsbild oben: Berge aus Wasser auf dem Weg nach Kuba © Judith

Ist das Wasser also auf der anderen Seite einfach immer blauer? Ich sehe das Bild von Seefahrern vor mir, die einerseits im Ausguck stehen und „Land in Sicht“ rufen und auf der anderen Seite Aussagen tätigen wie: „Ein Schiff ist im Hafen zwar sicher, wurde aber nicht dafür gebaut.“ Nichts neues also. Aber was liegt hinter dem Wunsch nach See und Land. Warum können Seefahrer*innen nicht ohne Meer aber auch nicht ohne Land? Allgemein kann ich das natürlich nicht beantworten aber ich möchte erklären, warum ich immer wieder auf See aber auch wieder ans Land will:

Einige Aspekte habe ich ja bereits schon erwähnt. Die See bietet einfach eine spannende Abwechselung für die Sinne: Ich kann mich an den Bergen aus Wasser, an dem Sternenhimmel, an den Sonnenunter- und Sonnenaufgängen nicht sattsehen. Außerdem ist es immer wieder faszinierend, wenn Delphine am Bug schwimmen, fliegende Fische übers Wasser gleiten oder ein Wal seine Fontäne ausstößt.

Das Schiff gibt eine klare Struktur vor. Wenn wir an Bord sind, hat das Segeln die höchste Priorität und alles andere ist sekundär. Man muss nicht viel überlegen oder abwägen, welche Aufgabe in welcher Reihenfolge erledigt wird. Diese Klarheit zu haben, ist in gewisser Weise angenehm. Auch merkt man auf dem Meer, wenn man vollkommen dem Wetter ausgesetzt ist, dass man verhältnismäßig ganz klein ist. Diese Ehrfurcht ist auch teilweise entlastend in einer individualistischen Welt, in der uns eingeredet wird, dass wir unendlich viele Möglichkeiten haben und für alles Verantwortung tragen. Das Schiff bringt Ruhe. Zu Hause und an Land gibt es tausend Dinge zu tun. An Bord kann man gut runterkommen, lesen, nachdenken oder Gitarre spielen und hat dabei weniger Ablenkung als an Land.

Dieser Gedanke kann natürlich auch von der anderen Seite betrachten werden. So gibt es an Land mehr Möglichkeiten für Beschäftigungen. Man kann eine Runde Laufen, in ein Café gehen oder seine Lieblingshobbies ausüben. Man ist räumlich viel weniger eingeschränkt.
Auf dem Schiff ist es auch nicht möglich, sich einfach mal zurückzuziehen oder sein eigenes Ding zu machen. Zu Hause kann ich die Zimmertür schließen oder mit dem Mountainbike auf meinem Hometrail verschwinden. An Bord ist man dauerhaft unter anderen und muss somit die ganze Zeit weitere Bedürfnisse neben den eigenen berücksichtigen.

Auf der anderen Seite fehlt hier aber die Möglichkeit, sich mit weiteren Personen auszutauschen; neue Leute kennenzulernen; Familie und Freund*innen zu treffen. Selbst wenn Kontakt aufgenommen werden kann, hat dies natürlich eine andere Qualität als sich in der Realität zu sehen. Außerdem geht das Leben zu Hause ebenfalls weiter und man realisiert, dass die kleine Nichte auch ohne einen wächst, die Party bei Freund*innen auch ohne einen steigt und die Team-Events der Handballmannschaft auch ohne einen stattfinden.

Und nicht nur das Leben zu Hause auch das Geschehen in Gesellschaft und Politik fließt an einem vorbei. Hierbei geht es nicht nur um die FOMO (Fear of missing out), sondern auch um das drängende Gefühl, dass man sich bei der aktuellen Situation in Europa unbedingt politisch engagieren und Stellung gegen Hass und Rechtsextremismus beziehen sollte.

Das Leben auf dem Schiff bringt eine Abgeschiedenheit, die positives aber auch negatives mit sich bringt. Und genau dies ist auch der Grund, weshalb sowohl das Leben an Land als auch auf See ihren jeweiligen Reiz auf mich haben und ich mich mal nach dem einen mal nach dem jeweils anderen sehne. Nach gewisser Zeit an Land mit Reizüberflutung und Sehnsucht nach Abwechslung, habe ich wieder Lust auf Meer. Nach gewisser Zeit auf dem Meer mit Eintönigkeit und Einschränkungen, habe ich wieder Lust auf Land.

Dabei lassen sich die beiden Seiten schwer gegeneinander abwägen, denn beides hat seine Berechtigung und in manchen Phasen passt das eine und in anderen Phasen das andere besser. Ich frage mich aber, ob ich irgendwann zu dem Punkt komme, an dem ich mich für eines der beiden Zuhause entscheide oder ob meine Sehnsüchte dauerhaft in diesem Ping Pong gefangen sein werden. Letztlich werde ich vermutlich auch nie zu einer endgültigen Haltung kommen und die Mischung ist vermutlich die gesunde Konsequenz. Doch in welchem Maße diese sinnvoll umsetzbar ist, wird sich noch zeigen.

Ich kann mir auf jeden Fall jetzt schon denken, dass früher oder später nach Rückkehr von dieser Reise wieder der Wunsch nach Meer groß werden wird. Bis dahin genieße ich aber noch die Zeit hier an Bord und beseitige die Reste des Foodwastes vom Boden.
 
Adrian

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Grüße:

  • Emilia Z: Liebe Grüße an Mum, Oski, Dad und David. Ich habe ein Faultier gesehen!!! Ich bin noch am Samstag zum Einkaufen für HSHS von Bord und da habe ich tatsächlich noch eins gesehen! Ganz kurz bevor wir von Panama losgefahren sind, das war sooooooo süß ;)). Und seit dem bis Dienstag Morgen war ich seekrank :(. Mein Kotzscore ist in einer Nacht auf 9 gestiegen, in sage und schreibe 3,5 Stunden. Damit bin ich bisher Kotzkönigin. Aber jetzt geht es mir zum Glück wieder gut. Ganz liebe Grüße auch an Leyli und Emmi, Ich vermisse euch <3
  • Rosalie: Liebe Grüße an zuhause. Ich war zwar etwas seekrank, aber kotzten musste ich nicht! Es ist schön, wieder an Bord zu sein, auch mit dem starken Seegang. Ich habe euch lieb!
  • Lennart: Liebe Grüße an Mama und Papa. Mein Sehtest für den SBF sollte noch gültig sein. Hab euch ganz doll lieb und vermisse euch.
  • Sky: Grüße gehen raus!
  • Xaver: Liebe Grüße an Mama, Papa und Anna, hab euch lieb und freu mich, euch wiederzusehen. Viele Grüße auch an Alena, Quti, Maxima und Mathilda.
  • Sina: Viele liebste Grüße an meine Eltern und Großeltern, das rosa Wölkchen folgt immer treu und freut sich vermutlich über rege Verwendung eines Hüttenschlafsackes :) Die hohen Wellen hier zwischen Panama und Kuba sind ziemlich gemein nach einem Monat an Land und mein Magen rebelliert ... Dicke Umarmungen gehen nach Stuttgart und in die Bretagne, nach Freiburg und natürlich Wiesbaden!
  • Bo: Hallo zusammen an Mama und Papa ich habe euch lieb. Freue mich wieder auf zu Hause. Natürlich auch an alle anderen viele Grüße. Ich war die ersten beide Tage auf See mal wieder so richtig seekrank habe aber nur einmal gespuckt. Hoffe, euch geht es super gut. Hier an Bord kann man fast gar nicht schlafen, da es super heiß im Dorm ist. Aber kalt wird es ja wieder schnell.
  • Marie: Lieber Opa, ich grüße dich ganz herzlich von unserem Doku-Dienstag. Heute gucken wir in Vorbereitung auf den Kuba-Landaufenthalt eine Doku von ZDF Info zur kubanischen Geschichte. Windige und genussvolle Grüße gehen an meine Familie – entgegen der regelmäßigen Kotz-Pausen auf langen Autofahrten meiner Kindheit verspüre ich hier an Bord weiterhin keine Seekrankheit und helfe in wilden Phasen vor allem unter Deck aus. Adrians Worte zum Ping-Pong der Sehnsüchte finde ich sehr treffend. Sie spiegeln wirklich sehr genau meine Zerrissenheit meiner weiteren Berufsfindung dar.
  • Conrad: Hi, war den ersten Tag auf See, auf dem Weg nach Kuba ziemlich sea sick, habe auch einmal mehr oder weniger taktisch gespuckt. Ich hatte leider die letzen beiden Tage eine zieeemlich fiese Augeninfektion, schon wieder. Habe zwei Tage nur im Dorm ohne Linsen verbracht, ziemlich fies gewesen. Aber Henri hat mich top versorgt und ich bin jetzt wieder heile. Hab euch lieb und freue mich immer mehr auf zuhause. LG Conrad
  • Perseus: Liebe Grüße und alles Gute nachträglich zum Geburtstag, Oma Gise. Ich hoffe, du hattest einen schönen Tag und ich freu mich schon euch im Mai wiederzusehen! Liebe Grüße natürlich wie immer auch an meine Familie. Segeln klappt gut, ich bin immer noch nicht seekrank! Ich schlage mich tapfer, bis Kuba werde ich nicht kotzen! (prophezeie ich haha) Liebe Grüße an Mo und an Matze natürlich. Grüße an Az, ich hab es tatsächlich nochmal ein bisschen geschafft zu häkeln. Und Grüße an alle anderen lol, bis bald!ag
  • Julia: Viele Grüße an meine Omis und an Opa! Hab Euch lieb!!! Liebe Grüße auch an Mama, Papa, Jonas mit Jana und Elias mit ? ;) Ich vermisse euch alle ganz doll! Ich bin wieder seekrank geworden, aber abgesehen davon gehts mir prima. Gaaaaaaaanz viele Grüße an Maaaaaariiiiiiiiit! Ich freue mich schon auf die nächste Telefonzeit mit dir. Es gibt nämlich einiges zu erzählen .. Ich gehe jetzt (21:05 Uhr) schlafen, weil ich um 23:30 Uhr schon wieder zur Nightwatch geweckt werde. Ich freue mich wieder auf Nächte, die ich durchschlafen kann! Bis dann! Hab euch lieb!
  • Laura: Liebe Grüße an alle Zuhause! Wir haben zur Zeit relativ viel Heeling (sieht man daran, dass das Toiletclinometer dauerhaft auf rot und bei Wellen zum Teil außerhalb der Skala ist) weswegen wir überall durch die Gegend schlittern. Ich habe mittlerweile ganz viele unterschiedliche Möglichkeiten, mich in der Galley festzuklemmen und dabei wenn möglich auch noch Andere vorm Wegrutschen zu schützen. Sonst ist meine Wäsche zuerst halb trocken, dann salzig und wieder nass geworden und wegen des Risikos auf eine Salzwasser-Dusche traue ich mich gerade nicht, sie abzuhängen ... Naja muss ich dann halt morgen machen. Hab euch gaaaaaanz dolle lieb und fühlt euch gedrückt!!!
  • Hanni: Hello Hello nach Hause! Boa endlich schaff ich es mal wieder Grüße zu schreiben. Gekotzt hab ich zwar noch nicht, doch diese Woche hab ich Galley und betrete sie erst nach einer seasicknesspill. Hey Heike! Können wir sobald ich wieder da bin, eine Schwarzwälder Kirschtorte machen? Ich hab gestern Nacht davon geträumt und seitdem mega Lust drauf. An Frauki: Heute hatten wir einen crazy Sonnenuntergang. Alles Gute zum Geburtstag Leuschner!
  • Titus: Hallo Schuldigung, dass ich so lange keine Grüße gesendet habe. Mir geht es gut und alles Gute nachträglich, Philip. Ich versuche dich bei meiner nächsten Handyzeit zu erreichen. Ansonsten habe ich am ersten Tag auf See das erste mal gekotzt. Habe euch lieb und vermisse euch!
  • Artur: Liebe Grüße nach Hause, Seekrankheit wird wieder besser und ich freu mich total auf Kuba!
  • Antonia: Liebe Grüße nach München. Ich bin sehr gespannt auf Kuba, dort kommen wir bald an. Zurzeit haben wir riesige Wellen, viel Wind und Sonnenschein (wobei ich gerade Nightwatch von 0-4h hab und deswegen vorallem viel Mondschein hab). Zum Glück war ich auch gar nicht seekrank. Wir bekommen eventuell doch in Kuba unsere Handys, die Frage ist nur ob wir auch Netz haben. Ich vermisse euch.