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11. Mai 2024 Unser Kapitän Jeroen

Heute reichen wir ein Interview mit Jeroen nach, der auf der Segeletappe von Kuba über Bermuda bis zu den Azoren unser Kapitän war. 

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Jeroen, willst du dich einmal vorstellen?
Klar, mein Name ist Jeroen Peters. Ich bin 1975 in Friesland, einer Provinz in den Niederlanden geboren und 48 Jahre alt. Seit 10 Jahren wohne ich in Groningen, das ist ziemlich nah an Deutschland.

Jeroen, fotografiert von Kira (29.HSHS)

Jeroen, fotografiert von Kira (29.HSHS)


Wann war das erste mal, dass du gesegelt bist und wie ging es dann weiter?
Das erste mal gesegelt bin ich mit 5 auf kleinen Optis. Und als ich die Schule mit 17 abgeschlossen hatte, gab es die Möglichkeit weiter zu studieren oder ins Ausland zu gehen, zum Beispiel als Segler.  Ich habe mich dann für letzteres entschieden, weil ich dachte, das sei ein schöner Zwischenjob und studieren kann ich ja immer noch. Angefangen habe ich als Matrose, auf einem Segelschiff und nach einem Jahr habe ich gemerkt, dass mir das Segeln Spaß macht und dann habe ich einfach weiter gemacht. Ich habe dort zwei Jahre gearbeitet und zwischendurch noch meine Papiere gemacht. Mit 22 war ich dann Skipper und bin 15 Jahre lang auf solchen Schiffen gefahren.
Als kleines Kind habe ich eigentlich nie darüber nachgedacht, Kapitän zu werden, aber als ich dann mal als Skipper beruflich auf Schiffen gearbeitet hatte, war für mich klar, dass ich Kapitän werden möchte.
 
Das heißt, du machst die Reise hier als Kapitän hauptberuflich?
Ja, ich mache das hier schon hauptberuflich, aber das ist nicht das einzige was ich mache. Ich bin selbstständig und im Moment hauptsächlich auf Schleppern und auf Arbeitsschiffen unterwegs z.B. im Offshore, beim Bau von Windturbinen, oder auf Baggern.
Oft bin ich dann 2 bis 5 Wochen unterwegs. Und ich bin auch noch Lehrer an der Seefahrtsschule in Enkhuizen, aber das ist mehr ein Nebenjob. Ich arbeite dort um die zehn Stunden pro Woche und am Ende müssen die Schüler eine Prüfung schreiben um Offizier werden zu können.

Und wie bist du zur Gulden Leeuw gekommen?
Ich glaube, ich bin den Eigentümern irgendwann mal begegnet und die waren auf der Suche nach jemandem, der eine kleine Etappe mitfahren möchte. Und da habe ich ja gesagt. Das ist ja ganz oft so, dass wenn jemand gebraucht wird, herum gefragt wird, ob jemand frei ist und Lust hat da und da einzuspringen. Und so bin ich 2016 das erste Mal an Bord der Gulden Leeuw gekommen. Dieses Jahr ist mein drittes Jahr bei High Seas High School.

Hast du eigentlich ein eigenes Boot zuhause?
Nein. Ich fahre schon so lange zur See, dass ich weiß, dass es eine schlechte Idee ist ein eigenes Boot zu besitzen. Was ich aber habe, ist ein Sportboot von einem Freund von mir. Er hat es mir ausgeliehen, weil er selber keinen Platz dafür hat und dafür pflege ich es. Das liegt bei mir ungefähr fünf Minuten zu Fuß entfernt und im Sommer fahren wir damit oft raus.

Und warum kannst du eigentlich so gut Deutsch und Schweizer Deutsch?
(Wir haben das ganze Interview auf Deutsch geführt)
Ich hatte ganz oft Gäste oder Kunden aus Deutschland auf den Schiffen auf denen ich gesegelt bin oder habe auf größeren Segelyachten mit Deutschen zusammengearbeitet und da lernt man das nach und nach.
Aber es dauert und kostet Mühe. Man muss es definitiv üben und wenn ich mal eine längere Zeit kein Deutsch gesprochen habe, dann braucht es ein bisschen, bis ich wieder reinkomme.

Als Abschluss: Hast du ein Lebensmotto oder noch einen Tipp für uns?
Also definitiv einmal: „Less bla bla, more sail sail“ (ist auf unsere Reise entstanden). Aber ein großer Tipp, den ich euch mitgeben will ist: „Fangt einfach an!“ Es gibt eine gewisse Basis, und die habt ihr alle, das ist das, was wir euch hier an Bord beibringen können. Aber wenn wir zu viel erklären und zu lange warten, dann wird es überfordernd und man wird unsicher, weil es so viel gibt, auf das man achten muss. Doch man sollte ab einem gewissen Punkt einfach mutig sein und Dinge ausprobieren. Und dann bestenfalls Fehler machen und daraus lernen. (Make at least one mistake a day!)
Ich finde es ist wichtig eine gewisse Balance zu finden, zwischen lernen und erklären und selber in Aktion zu treten, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen, denn das ist das was euch im Endeffekt im Leben weiter bringt. Und wenn es dann auch noch funktioniert, ist der Erfolg und die Befriedigung so viel größer.

Was gefällt dir an diesem Projekt so gut?
Ich glaube, dass man hier so viel Zeit hat euch Dinge beizubringen und zu erklären. Und, dass ihr so viele Möglichkeiten habt, Dinge auszuprobieren und zu erleben. Man kann alles ganz langsam angehen und Schritt für Schritt erklären. Und es gibt hier so viele verschiedene Möglichkeit Erfahrungen zu sammeln und seinen Wissenshorizont zu erweitern. Das ist auf vielen Schiffen auf denen ich sonst fahre leider nicht möglich, weil alles so schnell schnell geht, und keine Zeit ist, um Sachen zu erklären, sondern nur Leistung erwartet wird. Das ist manchmal echt schwer für mich, denn prinzipiell bin ich gegen Micro-Management.

Vielen vielen Dank, Jeroen!
Eure Lara