23. Februar 2024 »Leaaa, wir haben ein Problem!«
Datum: 20. Februar 2024
Position: Cienfuegos, Kuba
Kurs: Trinidad und Havanna
Bisher zurückgelegte Seemeilen: 12.172 nm
Wetter: relativ bewölkt · Temperatur: 25°C
Gesetzte Segel: keine, vor Anker
Stimmung an Bord: aufgeregt und voller Vorfreude auf Kuba
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»Leaaa, wir haben ein Problem!«
Hola ihr da auf der anderen Seite des Atlantiks,
Nachdem die Sätze „Lea, ist das normal, dass …?“, „Lea, kannst Du Dir das mal kurz anschauen?“, „Lea, was soll ich machen, wenn …?“, oder einfach nur „Lea, wir brauchen Hilfe!“, mit die häufigsten sind, die bei uns so täglich gesagt werden, dachte ich mir, ich stelle euch Lea heute mal etwas genauer vor. Dafür habe ich ein kurzes Interview mit ihr geführt, also seid gespannt.
Lea ist, wie ihr euch wahrscheinlich schon denken konntet, unsere Bordärztin und hat uns jetzt die letzten dreieinhalb Monate, also ein Großteil unserer bisherigen Zeit, begleitet und das ein oder andere Mal aus der Patsche geholfen. Sie ist in Teneriffa zu uns gestoßen und verlässt uns jetzt leider wieder gegen Ende unseres Landaufenthaltes in Kuba – also in etwas weniger als zwei Wochen. Was uns, auch, wenn wir schon sehr gespannt auf unseren neuen Bordarzt sind, natürlich sehr traurig macht.
Jetzt kommen wir aber erstmal zum Interview. Ich habe möglichst verschiedene Fragen zusammengestellt. In einigen geht es um ihre Reise und ihre persönlichen Erfahrungen, in anderen um medizinische Aspekte. Aber jetzt lest einfach selbst, viel Spaß.
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Zuerst einmal: Wie bist Du auf High Seas aufmerksam geworden, bzw. wie kam es dazu, dass Du jetzt hier bist und wir dieses Interview führen?
Ein guter Freund von mir hat gehört, dass ich gerade eine Auszeit bräuchte und hat mir die Anzeige gezeigt. Dann habe ich eine Woche drüber nachgedacht, schließlich Christiane angerufen und dann meine ganzen anderen Pläne über den Haufen geworfen. Das war drei Monate vorher.
Hattest Du vorher schon irgendeine Art von Segelerfahrung?
Ne, ich war vorher nur einmal eine Woche Sportsegeln, also eigentlich gar nicht.
Was waren deine Erwartungen von der Reise, bzw. hattest Du überhaupt welche?
Ich hatte wirklich wenig Erwartungen. Ich habe es einfach auf mich zukommen lassen. Dann habe ich mit den früheren Bordärzt:innen telefoniert, sie gefragt, welche Krankheiten häufig vorkommen und versucht, mich darauf vorzubereiten. Ich habe ehrlich gesagt erwartet, von der Crew und von euch so ein bisschen mehr belächelt zu werden, dafür, dass ich nichts kann. Doch war ich sehr positiv überrascht, weil alle richtig nett waren.
Mit welchen Krankheiten hast Du so gerechnet, die jetzt vielleicht auch bisher glücklicherweise gar nicht vorgekommen sind?
Ich habe mit allergischen Reaktionen gerechnet und mit gefährlicheren Dingen, wie, beispielsweise einem Pneumothorax, was zum Glück nicht vorkam. Natürlich auch mit Fußpilz und eingewachsenen Zehennägeln, was es jetzt ja gab. Aber viel mehr noch mit Ansteckendem, wie Durchfallerkrankungen und natürlich Läuse, Krätze und Bettwanzen, was bisher zum Glück noch nicht vorkam.
Inwiefern unterscheidet sich deine Arbeit hier von deiner Arbeit zuhause? Was sind die größten Unterschiede?
Einer der größten Unterschiede ist, glaube ich, dass man zuhause einfach nur sagt: »ok, machen sie das und das« und dann gehen die Patientinnen und Patienten nach Hause und machen es oder machen es nicht. Aber hier bin ich auch diejenige, die hinterherrennt und sagt: »Sag mal, dein Antibiotikum, das sieht ja immer noch ganz schön voll aus.« Ich muss mich so um viel mehr kümmern und bekomme das Ganze drumherum mit, was aber auch echt Spaß macht.
Und wir können ja auch immer noch mal nachfragen.
Ja, es ist wirklich so ein 24/7 Ding. Man beobachtet wirklich durchgehend aus der Ferne, wie sieht der oder diejenige jetzt aus. Man hat nicht nur dieses in drei Tagen bitte wieder vorstellen.
Was hat Dich am Gesundheitssystem, also Krankenhäusern, Apotheken etc. in unseren Reiseländern am meisten überrascht?
Ich habe schon ein bisschen Erfahrung mit Krankenhäusern im Ausland. In Peru habe ich mal in einem gearbeitet. Der unterschiedliche Aufbau der medizinischen Einrichtungen pro Land ist oft überraschend. Man weiß nie, was einen erwartet und auch nicht, wie leicht man an Medikamente kommt. Manchmal gehst Du auch einfach irgendwo rein und denkst, das ist einfach ein besserer Kiosk und dann schieben die Dir alles über die Theke.
Wolltest Du schon immer Medizin studieren?
Ne, ich wollte immer molekulare Biologie studieren und dann im Studium habe ich gemerkt, dass ich Medizin irgendwie doch spannender finde.
Und jetzt bist Du auch zufrieden damit, Dich umentschieden zu haben?
Ja, absolut.
Und würdest Du das Medizin-Studium an sich weiterempfehlen?
Ja, auf jeden Fall. Ich bin aber auch ein kleiner Medizin-Nerd. Es ist ein richtig tolles Studium. Ich finde das Thema super lebensnah und dadurch kann man sich meiner Meinung nach superschnell dafür begeistern.
Was hat Dich von der ganzen Reise am meisten überrascht?
Ich glaube wirklich die Offenheit und die Freundlichkeit, mit der ich empfangen wurde. Ich fand beeindruckend, wie positiv man aufgenommen wird, dass sich alle so gefreut haben, als ich an Bord kam, dass einem alle alles gezeigt haben und alle immer Bock hatten, mir irgendwas zu erklären. Vor allem aber auch die Schüler*innen beeindrucken mich – was ihr alles in selbständiger Verantwortung könnt. Ihr tut vieles mit einer Selbstverständlichkeit, was sich die meisten Erwachsenen nicht trauen.
Und würdest Du jetzt, nachdem Du weißt, wie hier alles so ist, nochmal die Reise machen, also zum ersten Mal?
Auf jeden Fall.
Auch nach der Reise jetzt, noch ein zweites Mal?
Es wäre mir leider zeitlich nicht möglich. Aber vor allem fände ich es seltsam, weil ich es schon mal gemacht habe und die Reise im Kopf immer mit euch vergleichen würde, und das ist dann auch den neuen Schüler*innen gegenüber nicht fair.
Gab’s Erfahrungen, von denen Du glaubst, dass sie Dich auch in Deutschland weiterbringen werden?
Ja, ganz, ganz viel. Ich glaube, vor allem eine kreative Aufgabenlösung, denn ich muss hier an Bord immer irgendwie improvisieren. Wir haben wenig Diagnostik und sind auch therapeutisch eingeschränkt. Da heißt es dann: Was habe ich jetzt und was kann ich damit machen? Der Goldstandard geht nicht und dann muss ich eine andere Lösung finden.
Wie geht’s für Dich weiter, wenn Du wieder zuhause bist?
Ich schreibe an meiner Doktorarbeit und dann mach ich das PJ. Zuerst zwei Monate im Ausland und dann den Rest der Zeit in Deutschland. Ich hoffe, dass ich zwischendurch auch ein bisschen zurück kommen kann auf die Gulden Leeuw, in der Summer-Season segeln. Darüber würde ich mich sehr freuen. Aber wahrscheinlich habe ich keine freien Tage.
In welchem Fachgebiet willst Du Dich spezialisieren?
Anästhesie wahrscheinlich, wenn ich mich noch mal umentscheide.
Auf welchen Landaufenthalt hast Du Dich am meisten gefreut?
Kuba, das ist das absolute Highlight.
Und wie gefällt es Dir jetzt so hier in Kuba bisher?
Ich war ja erst einmal an Land aber es lief gute Musik, das überzeugt mich schon mal und die Einfahrt hierher war umwerfend.
Was ist auf Deiner Reise passiert, womit Du am wenigsten gerechnet hättest?
Der Manta-Rochen auf Tarafal.
Die Reise für Dich in drei Worten?
Gemeinschaft, Abenteuer, Vertrauen!
Der tollster Moment der Reise?
Die Nacht mit dem Meeresleuchten in Tarafal.
Dein schönster Landaufenthalt?
Grenada, hat mir richtig gut gefallen – das Land, die Leute, die Musik, die Kultur – das fand ich echt schön.
So jetzt zu guter Letzt: Freust Du Dich auf Deutschland?
Es geht so, also ich glaube ich bräuchte eine Pause, aber so ganz verlassen will ich das Projekt eigentlich noch nicht.
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So das wars jetzt auch schon wieder. Lea muss wahrscheinlich wieder weitermachen. Sie darf täglich Fragen beantworten und Leute versorgen. Aber ich hoffe ihr habt ein bisschen was neues gelernt, sowohl über Lea, als auch über die medizinischen Vorgänge an Bord eines Segelschiffes mit lauter Jugendlichen und die Gesundheitsversorgung in unseren Reiseländern.
Tschau, Adios und bis bald mal wieder,
eure Filippa
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- Grüße:
Filippa: Ganz liebe Grüße an euch alle zuhause, jetzt gibt’s auch endlich mal einen Blogeintrag von mir :) Ich vermisse euch alle und freu mich schon ganz doll auf euch im Mai <3 Viele Grüße vor allem an meine Eltern und den besten Bruder, hab euch lieb! - Lotta: Liebe Grüße an Mama. Danke, dass du mich von meinem ursprünglichen Ehrgeiz zur Reise wieder überzeugt hast Mama, es hat sich gelohnt. Hab dich lieb.
- Philip: Liebe Grüße an Anna, Lea, Amelie und Paula vermisse, euch ganz dolle:
- Nora: Liebste Grüße an zuhause. Ich hab euch alle unglaublich doll lieb und denk an euch! Und ich freue mich meega auf Kuba, ganz ehrlich, das ist der Wahnsinn. Ich hoffe es geht euch gut, liebe Grüße an alle <:)
- Jan: Herzlichen Glückwunsch nachträglich zum Geburtstag liebe Omi <3. In den letzten Tagen war einfach zu viel los, deswegen gratuliere ich dir erst jetzt. Auch an den Rest meiner Familie schöne Grüße. Morgen geht’s auf, Kuba erkunden. Bin super gespannt.
- Amelie G.: Hallo meine Familie, mir geht sehr gut und ich lerne höchstwahrscheinlich gerade Kuba besser kennen, worauf ich sehr gespannt bin. Ich hab euch alle lieb und vermisse euch, aber wir sehen uns ja eh bald wieder!