12. April 2024 7 Monate ohne Handy

Datum:  12.4.2024
Position: 47°26.992'N 23°22.755'W
Kurs: 020°
Bisher zurückgelegte Seemeilen: 12.950.61
Wetter: Sonne, aber bewölkt · 20°C · Wind aus Süden
Gesetzte Segel: Main, Mizzen, Mainstaysail, Forestaysail, outer Jib, Lowwer, Upper, Top gallant
Geschwindigkeit: 7,3 Knt
Stimmung an Bord: alle müde und ein bisschen erkältet, aber ansonsten gut
Anzahl Seekranke: keine

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7 Monate ohne Handy - wie ist das eigentlich?

Hallo an alle Zuhause,
 
für viele war es wahrscheinlich zunächst einmal ein Schock, als sie gehört haben, dass diese Reise ein Offline-Projekt ist. Auch ich war anfangs nicht wirklich begeistert, obwohl ich mich irgendwo auch darauf gefreut habe, etwas fern von der digitalen Welt zu leben. Denn schon vor der Reise war mir klar, wie oft ich Zeit mit meinem Handy verbringe, die ich eigentlich viel produktiver nutzen könnte. Auch wenn ich es mir früher gerne mal selber nicht eingestehen wollte, wusste ich doch immer irgendwie im Hinterkopf, wie oft ich meine Zeit einfach sinnlos mit TikTok, Instagram etc. verschwende. So habe ich früher z.B. total gerne gelesen, in letzter Zeit dann aber leider immer weniger, zwar noch regelmäßig, aber längst nicht mehr so oft wie früher. Vor allem bei Büchern, die etwas anstrengender zu lesen waren, habe ich dann öfter schneller mal aufgegeben, statt mich durchzukämpfen, weil das Handy dann die einfachere Alternative war. Jetzt in den letzten sechs Monaten, habe ich es trotz Watches, Landaufenthalten, etc. geschafft, pro Monat mehrere Bücher zu lesen.

 

Vor allem aber auch, was das Soziale angeht, macht es meiner Meinung nach einen enormen Unterschied, ob alle ein Handy haben oder einfach alle mal offline sind. Ich habe in den letzten sieben Monate so viele tolle Gespräche geführt, die zuhause so wahrscheinlich gar nicht hätten stattfinden können, weil dann der/die Gesprächspartner*in angerufen worden wäre, man selber eine Nachricht bekommen hätte, etc. Es macht schon einen enormen Unterschied, eine Konversation führen zu können ganz fern von diesen Einflüssen. Auch dadurch, dass man nicht einfach, um ein unangenehmes Schweigen zu vermeiden, aufs Handy schauen kann, sondern auf gewisse Weise gezwungen ist, ein Gespräch zu führen, redet man mit den unterschiedlichsten Leuten über die verschiedensten Themen und gerade das finde ich wahnsinnig toll. Ich liebe es so, einfach mit, manchmal sogar Fremden, ins Gespräch zu kommen.

Würden wir während der sieben Monate unser Handy haben, wäre die Reise in einigen Aspekten sicher komplett anders verlaufen. Ich glaube, einiges wäre wahrscheinlich deutlich einfacher gewesen. Wenn wir öfter als alle vier bis sechs Wochen unser Handy bekommen hätten, hätten wir viel öfter mit Zuhause, mit unser Familie und unseren Freund*innen sprechen können, hätten ihnen erzählen können, was uns gerade nervt, belastet, oder auch einfach, was wir gerade Tolles erlebt haben. Aber gleichzeitig wären wir irgendwie auch immer noch mit einem Fuß in unserem Leben zuhause. Ich glaube, das ist bezüglich Heimweh oder auch der Angst, etwas zu verpassen, nicht gerade hilfreich. Wenn ich immer mitbekommen würde, was meine Freund*innen gerade zuhause machen, wäre ich wahrscheinlich häufiger traurig gewesen, nicht dabei sein zu können, auch wenn ich momentan deutlich mehr erlebe, als ich es normalerweise in Deutschland getan hätte. Ja, es ist hart, so wenig Kontakt zu seiner Familie und Freund*innen zu haben, aber meiner Meinung nach nimmt man so alles ganz anders war und erlebt auch die Reise ganz anders, wenn man kein Handy bei sich hat.

Dennoch ist bei uns allen die Freude auf die Handyzeit jedes Mal riesig. Jede Handyzeit ist so auch etwas Besonderes und wird von allen immer schon sehnsüchtig erwartet, wobei mir selber auffällt, dass das in letzter Zeit, also jetzt gegen Ende, nicht mehr ganz so groß ist bzw. wir uns alle immer mehr daran gewöhnt haben, keine Möglichkeit zu haben, in Kontakt mit Zuhause zu sein. Ein Problem allerdings ist, dass wir auch nicht mitbekommen, was politisch so in der Welt abgeht und das ist dann manchmal schon echt krass, wenn wir bei irgendeiner Handyzeit dann von den neuesten Nachrichten berichtet bekommen oder uns irgendwer von der Crew etwas erzählt. Wir haben auch ein paar Mal die Tagesschau geschaut und uns alle so sehr gefreut, mal wieder wirklich Nachrichten zu schauen. Das Wichtigste war dann aber immer der Wetterbericht von Deutschland, um darüber lachen zu können, wie schlecht das Wetter zuhause ist. Aber auch von den neuesten Trends, wie z.B. im Bezug auf Musik, haben wir alle keine Ahnung, was momentan so in Deutschland gehört wird, das wird schon echt lustig, wenn wir dann im Mai nichts kennen.

Ich hoffe, dass ich mir nach High Seas nicht wieder angewöhne, zu viel am Handy zu sein, sondern auch mal längere Zeit ohne zu verbringen, bzw. es auch mal bewusst wegzulegen oder gar nicht erst mitzunehmen. Wir alle haben uns schon oft darüber unterhalten, wie das alles dann wieder zuhause wird, und  dabei ist uns auch noch mal klar geworden, dass es zuhause wahrscheinlich wieder schwieriger wird. Denn erstens verfällt man, denke ich, schnell auch wieder in alte Muster, vor allem auch, weil man dort wieder einen ganz anderen Alltag hat als momentan. Zweitens vor allem mit seinen Freund*innen wird das sehr schwierig wirklich eine längere Zeit ohne Handy zu verbringen. Denn unsere Freund*innen kennen das ja gar nicht. Für sie wird das zumindest teilweise schwer nachvollziehbar sein, wie toll es sein kann, komplett offline zu sein, auch wenn es zuhause dann nur für ein paar Stunden wäre. Was für uns Normalität geworden ist, ist für sie unvorstellbar. So werde ich, wenn ich mit meinen Freund*innen telefoniere sehr oft gefragt, wie ich es denn schaffe, so lange kein Handy zu haben und wie das denn möglich sei.

Also im Großen und Ganzen bin ich sehr froh darüber, dass wir während der sieben Monate nur circa einmal im Monat unser Handy hatten und die Reise auch mal etwas ferner von der digitalen Welt genießen konnten, auch wenn es gerade am Anfang schon schwierig war, nicht einfach Mal mit Zuhause zu telefonieren.
 
Bis bald Mal wieder, 
eure Filippa

Grüße:

  • Filippa: Liebe Grüße an euch alle zuhause, ich lebe auch noch :) Viele Grüße vor allem an meine Eltern, den besten Bruder, Leonie, Niklas, Marilou, Laetitia, Vicky und vor allem an Agnes, Danke für deine liebe Geburtstagskarte! Ich freue mich ganz doll euch bald alle wieder zu sehen, eure Filippa <3
  • Svenja: Sorry Mama und Papa und an den Rest meiner Familie, dass so lange keine Grüße kamen. Hier ist wegen Handover viel los. Ich bin Handover Ärztin, was voll viel Spaß macht und ich lerne voll viel. Mir geht es voll gut außer meiner Erkältung. Im zweiten Handover bin ich dann Teil des Handover HighSeas Teams. Ich hoffe es geht euch gut!!!
  • Helena: Viele Grüße an alle Zuhause.
  • Nora und Jonna: grüßen Lea, wir haben dich alle lieb und vermissen dich!
  • Millie: Ich grüße Mama. Mir geht es gerade nicht so gut, da ich eine Erkältung habe. Aber ich hoffe, das es mir bald besser gehen wird. Außer der Erkältung geht es mir gut. Wir haben nur noch weniger als drei Wochen hier, was schön aber auch traurig ist. Ich freue mich unglaublich dich wieder zu sehen! <3
  • Leopold: Hey, ich bin‘s mal wieder … Das Handover läuft echt richtig gut. Es gab ein paar „Safeguards“, von der Crew, bei denen das Schiff kurz übernommen wurde. Aber von all dem was die letzten Tage passiert ist, habe ich echt so viel gelernt. Nicht nur wie man dieses 70 Meter lange Tallship segelt, sondern auch als Captain agiert. Es macht echt voll Spaß und ich freue mich voll auf das, was noch kommt. Bis dahin Euch alles Gute, Euer Leopold
  • Mathilda: Grüße an alle zu Hause! Ich bin leider immer noch krank, meinem Bauch geht es aber besser. Wir sind inmitten des ersten Handovers und alle haben Stress. Ich lerne die ganze Zeit für den SBF und es läuft gut. Ich freue mich schon auf das zweite Handover, weil ich eine Rolle im HSHS Handover bekommen habe. Grüße an alle ich hab euch lieb. An meine Eltern: Ich habe im Moment einen Plan, muss aber mal schauen, wie das so läuft! Bis bald
  • Victor: Viele liebe Grüße! Ich bin im Handover 1. Officer geworden und es macht mega viel Spaß! Ich habe schon einen fire and abandon ship drill organisiert und dieverse Schedules erstellt. Aktuell planen wir das routing, wie wir am besten in den Ärmelkanal kommen- und die Regina Maris übrholen