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3. Dezember 2022 Zu Jung …

1.12.2022; 19:38 Uhr
Position: 12° 27.695'N, 052° 21.532'W
Kurs: 310° · Geschwindigkeit: 3,9 kn
Wetter: heiß (alle sind am Schwitzen) · 25.8° C
Wind: 2 aus Südost
gesetzte Segel: T-Gallant, Uppertopsail, Lowertopsail, Course
Tage ohne Motor: 17
Stimmung an Bord: Vorweihnachtlich aufgeregt

 

In Bezug auf den Refrain des Songs „Zu Jung“ der deutschen Band Provinz habe ich folgende Zeilen geschrieben, welche ich gerne weiter erläutern würde.

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Morgens, wenn der Himmel wolkenfrei und blau ist, vergisst du, dass du eigentlich nur ein kleiner winziger Punkt in ebendiesem Blau bist.
Morgens, wenn das Schiff stetig die rauen Wellen durchbricht, dann vernebelt genau das dir die Sicht.
Vielleicht merkst du es nicht. Es vernebelt dir die Sicht.

Du kannst doch die Macht eines Ozeans nicht in Worten fangen und unsere unverbesserliche Menschheit über all das Schöne spannen.
Denn unsere Sicht ist auf den Horizont beschränkt und unsere letzte Chance auf Weltoffenheit wird von Habgier verdrängt.

Denn besonders wenn der Himmel wolkenfrei und klar ist, fühlt es sich an als stände uns die Welt offen.

Wir sind wahrscheinlich einfach noch zu jung, einfach noch zu dumm, um all das zu verstehen.

Ja. Vielleicht sind wir einfach noch zu jung, einfach noch zu dumm, zu klein, um über den Horizont hinauszublicken, aber vielleicht immerhin groß genug um die nächste Stufe hinaufzusteigen, über den Tellerrand hinausblicken zu können und uns persönlich und als Gemeinschaft weiterzuentwickeln.

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Provinz singt in ihrem Song „Zu Jung“ im Refrain „Bin wahrscheinlich noch zu jung, einfach noch zu dumm, um das zu verstehen.“ Im Lied stehen diese Zeilen in einem ganz anderen Zusammenhang, aber als ich längere Zeit dieses wirklich schöne Lied hörte, begann ich langsam darüber nachzudenken, wie man das eigentlich auch ganz wunderbar auf unsere Reise und auf meine Gedanken der letzten Tage beziehen kann. Diese würde ich hier gerne mit euch teilen.

Wir sind 44 Jugendliche, welche diese einmalige Chance bekommen haben, um die Welt zu segeln. Das ist wahrscheinlich allen, die das hier lesen, auch bekannt. Doch was vielleicht manchmal in Vergessenheit gerät, ist die Tatsache, dass wir 44 Jugendliche sind, die die Chance bekommen, eine Gemeinschaft zu erleben, wie wir sie wahrscheinlich nie wieder erleben werden. 44 Jugendliche, die in eine neue Welt eintauchen dürfen. Die Chance bekommen, mal die Perspektive zu wechseln und andere Kulturen mit einer ganz anderen Sichtweise hautnah zu erfahren. Wenn wir zurückkommen, werden wir auf die Frage „Na, wie wars?“ vielleicht auch gar nicht antworten können, da all das, was wir hier täglich erleben, so viel mehr ist. Es ist so viel mehr, als dass man es einfach in Worte packen könnte. Vielleicht gelingt es dem Einen oder Anderen einen Eindruck unseres Bordalltags vermitteln zu können, aber die Größe des Ganzen lässt sich schwer in Worten beschreiben.

Dasselbe gilt für die Umgebung um uns herum. Damit meine ich nicht den Schlafsaal (dorm) oder unseren Essens- und Aufenthaltsbereich (student mess). Damit meine ich den endlosen Ozean um uns herum. Das elegante Schiff, welches die Wellen des Atlantiks durchbricht und die Winde, die es uns überhaupt erst möglich machen, etliche Seemeilen zurückzulegen. Ich meine das große Ganze, das diese Reise zu etwas ganz Besonderem macht. Die Tatsache, dass wir seit über zwei Wochen nichts außer Wasser sehen. Überall Wasser das sich nicht kontrollieren lässt. Nein, ganz im Gegenteil – das uns kontrolliert. Von dem wir abhängig und gefangen sind. Manchmal sind diese unendlichen Weiten nicht nur schwer in Worte zu fassen, oft ist es auch schwer, das Alles überhaupt erst zu begreifen. Ich denke, da bin ich nicht die Einzige, die von sich selber sagen kann, dass ich das alles gar nicht so richtig begreife und dass das manchmal ein bisschen viel zu sehen und zu verarbeiten für unsern kleinen Kopf ist.

Das ist, was ich meine, wenn ich schreibe „Du kannst doch die Macht eines Ozeans nicht einfach in Worten fangen.“ Wir sind nur kleine Punkte in dem großen Blau und unsere sonst so präsente Menschheit, mit unserer unverbesserlichen Menschlichkeit, lässt sich hier schwer durchsetzen. Hier sind keine Regenwälder, die wir abholzen können, keine Hochhäuser mit denen wir den Himmel verbauen können. Es ist viel zu groß, viel zu Blau, um das begreifen zu können und ich glaube, es gibt einen Grund, warum die Menschen an Land geboren wurden. Für unsere jungen, und noch relativ unerfahrene Köpfe, welche ja eigentlich noch nichts von der Welt gesehen haben, ist das hier alles viel zu viel und wir müssen auch gar nicht erst versuchen so zu tun, als ob wir es verstehen könnten. Denn „du kannst doch die Macht eines Ozeans nicht einfach in Worten fangen und unsere unverbesserliche Menschheit über all das Schöne spannen.“

Nochmal zu unserer unverbesserlichen Menschheit. Seitdem wir diese Erde bevölkern, bevölkern wir das Land und zerstören riesige Strukturen, Flächen und Systeme. Wir nehmen uns alles was wir kriegen können, ohne zurückzugeben und wundern uns hinterher, warum wir auf einem zerstörten Planeten leben. Diese Sichtweise, alles immer gleich als Gut oder Nutzen zu sehen, vernebelt uns ganz schön die Sicht. Auch in Bezug auf den oberen Absatz lässt sich so vielleicht „Denn unsere Sicht ist auf den Horizont beschränkt und unsere letzte Chance auf Weltoffenheit wird von Habgier verdrängt“ erklären.

Lasst uns nochmal auf unsere Reise zurückkommen. Auf High Seas High School, die mit 44 Jugendlichen all das erfahren. Wir sind alle gerade erst von daheim weg und beginnen die Welt zu entdecken. Ich will mit all dem hier nicht direkt alle Menschen (mich eingeschlossen) als dumm verurteilen. Es gibt mit Sicherheit irgendwo weise Menschen, die mir noch viel über das Leben und die Ozeane lehren können, aber wir 44 Jugendliche sind „vielleicht einfach noch zu jung, einfach noch zu dumm, um das zu verstehen“.

Vielleicht noch etwas bisschen Optimistischeres zum Schluss. Obwohl wir alle so jung und dumm sind, ist diese Reise natürlich immer noch etwas vollkommen Einzigartiges und wir wachsen während dieser Zeit hier ja auch noch ein gutes Stück weiter. Unsere Sicht wird immer auf den Horizont beschränkt sein, aber vielleicht sind wir ja am Ende der Reise um ein gutes Stück größer und durften an manchen Stellen unseren Horizont erweitern, ein bisschen mehr von dem Unendlichen sehen. Vielleicht ergibt das, was ich hier schreibe, am Ende der Reise auch gar keinen Sinn mehr, aber bis dahin nehmen wir uns einfach ein kleines Treppchen, steigen Stufe für Stufe dieses Treppchen hinauf und bleiben offen und neugierig für das, was wir dann sehen dürfen. Und auch uns als Gemeinschaft muss man vielleicht noch ein bisschen Zeit geben, damit wir uns zusammen weiterentwickeln können. Denn 88 Augen sehen auch immer noch mehr von der Welt als 2. Das ist was ich sagen möchte mit: „Ja. Vielleicht sind wir einfach noch zu jung, einfach noch zu dumm, zu klein, um über den Horizont hinauszublicken, aber vielleicht immerhin groß genug um die nächste Stufe hinaufzusteigen, über den Tellerrand hinausblicken zu können und uns persönlich und als Gemeinschaft weiterzuentwickeln.“

Das alles klingt jetzt sehr negativ und als ob ich die gesamte Menschheit einfach nur als dumm verurteilen möchte. Das stimmt jetzt so nicht direkt. Was ich nochmal verdeutlichen möchte, ist, dass wir durch diese Reise ja die Chance unseres Lebens bekommen, unseren noch mehr oder weniger kleinen Horizont zu erweitern und dass man all diejenigen, die diese Möglichkeiten auf Grund fehlender Mittel oder noch sehr wenigen Erfahrungen nicht haben, für nichts verurteilen sollte. Auch uns steht ja noch unser komplettes Leben bevor und wir werden alle noch zahlreiche Gelegenheiten bekommen, welche wir bis jetzt vielleicht einfach noch nicht hatten, aus unseren jungen, dummen Köpfen, erfahrene und weise Charaktere zu bilden.

Den Rest der Zeilen werde ich jetzt nicht mehr weiter erläutern, da alles was ich sagen wollte, gesagt ist und jeder, der verstanden hat, was ich in den letzten Abschnitten sagen wollte, auch die restlichen Worte verstehen kann. Außerdem habe ich jetzt Hunger und es gibt Essen.

Wie gesagt… Vielleicht sind wir einfach noch zu jung, einfach noch zu dumm… haben aber noch unser ganzes Leben vor uns, um unseren Enkeln in 70 Jahren Geschichten übers Leben erzählen zu können.

Mit ganz lieben Grüßen aus dem endlosen Blau

Johanna

 
Beitragsbild von Freddy: Auf der Nordsee (11. Oktober) ruht sich ein kleiner Vogel bei uns aus.

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Grüße:

  • Johanna: Ich grüße vor allem Cleo. Mach gerne was aus diesen Zeilen. Der Ozean legt mir im Moment nur die Worte in den Mund, die Melodie ist irgendwie noch an Land geblieben, also go for it! Und wäre cool, wenn du das Herrn Müller zeigen könntest, Hermann Hesse und er begleiten mich hier. Und auch ganz liebe Grüße an meine Familie, besonders an die Christa Oma, vielleicht liest sie das hier ja auch. Hab euch alle ganz doll lieb <3. (und einen schönen 1. Advent!!)
  • Nathalie schickt beste Grüße in die Donnerstagsgruppe der Shore Crew.
  • Annemarie: Meine liebe MD-Gruppe: Ich sende euch herzliche Grüße, ich vermisse die Freitage mit euch und habe euch ganz doll lieb! Ganz liebe Grüße auch an meine ganze, große Familie, ich wünsche euch eine schöne Adventszeit.
  • Lara grüßt ihre ganze Familie, ich hoffe es fängt bei euch demnächst ein bisschen an zu schneien. Ich wünsche euch allen nachträglich auch noch einen schönen 1. Advent und fast schon einen 2.. Ich vermisse euch ganz doll<3 und an meine Oma: wir haben wieder deine Lasagne gemacht uns sie war wieder mega gut!! Hab dich lieb!
  • Lia: Liebe Grüße an Familie und Freunde
  • Philipp: Ich grüße meine Familie und wünsche euch allen einen guten 1. Advent ich hoffe ihr habt schöne Feiertage.
  • Ben: Ich grüße meine Familie und meinen Hund in Deutschland und England und Südafrika. Habt eine schöne Vorweihnachtszeit ;-)
  • Anna: Bussis an Papa, Mama und Tia <3 Hab euch lieb, ich hoffe ihr habt schon Kekse gebacken.
  • Luna: Versucht nicht zu traurig wegen dem schlechten Wetter zu sein, während ich in der Sonne sitze. Hab euch lieb, Mama und Papa!
  • Charlotte: Liebe Grüße an alle zu Hause, die fleißig den Blog lesen! ich wünsche euch allen eine schöne Vorweihnachtszeit!
  • Johanna: Liebe grüße an Laras Oma, die Lasagne war megaaa!!!!
  • Carlina: Liebe Grüße an Lina, ich hoffe alles hat gut geklappt und du bist wieder fit und munter. Ich hab dich ganz doll lieb und vermisse dich! Küsschen <3
  • Cal: Liebe Papa und Mama und Lou und Aléna, viel Spaß mit dem Hamburg-November-Regenklischee! Hier wird es jeden Tag wärmer… ;-)
  • Vici: Weihnachtliche Grüße an alle lieben Menschen in Deutschland. Esst Schmalzkuchen auf dem Weihnachtsmarkt für mich mit. Ich schicke dafür 31 Grad vom großen Blau.