15. März 2023 Veränderungen
Kuckuck im Spechthaus.
Ich sitze gestern Abend so in der Studentmess und sehe Ferdi, wie er sich Bilder vom Anfang der Reise anschaut. Während er so durch die Fotos klickt und an die verschiedenen Gesichter ranzoomt fällt mir erstmal auf, wie krass wir uns innerhalb von fünf Monaten verändert haben. Die Haare sind länger oder kürzer oder wurden abrasiert. Bärte wurden in alle möglichen Formen gebracht. Manche Leute haben sich einen Helix oder ein Ohrloch gestochen oder stechen lassen. Die meisten von uns sind brauner geworden und einige (Hannes) behaupten, sie seien gewachsen.
Allgemein würde ich sagen, dass wir alle älter aussehen, als am Anfang der Reise. Ich meine, wir sind immer noch die gleichen Menschen und sehen auch immer noch aus wie Jugendliche, aber meiner Meinung nach sieht man uns die Erfahrungen, die wir gemacht haben, an. Wenn ich die Leute mit den Bildern von vor zwei Monaten vergleiche, erkennt man, dass sie etwas erlebt haben. Es ist schwierig zu beschreiben, es ist einfach dieses gewisse Etwas, das mit jeder Erfahrung, die wir hier sammeln, stärker wird und das sich auch in unserem Verhalten widerspiegelt. Alles was hier passiert, macht uns … ich weiß nicht ob erwachsener das richtige Wort dafür ist, (denn ich kenne viele Erwachsene, die sich absolut nicht so verhalten), aber reifer.
Wir lernen Verantwortung zu übernehmen (von nichts kommt nichts). Ich meine, wir werden beim Handover ein 70 m Schiff über den Atlantik segeln und befinden uns dauerhaft in einer Gefahrensituation. Wir lernen als ein Team zu agieren. Wenn wir auf Wache sind und wenn wir das Mainsail setzen müssen, kann sich keiner vor der Arbeit drücken, denn dann wird jeder gebraucht. Wir lernen uns als eine Gemeinschaft umeinander zu kümmern, wenn die Hälfte der Schüler*innen auf den Breezeways sitzt und sich die Seele aus dem Leib kotzt und die andere Hälfte deren Jobs übernehmen muss. Wir lernen Entscheidungen zu treffen, die das ganze Leben auf dem Schiff beeinträchtigen können wenn wir als Deckleader Kommandos für das Segelsetzen geben müssen. Wir lernen uns selber kennen.
Natürlich ist der Boardalltag stressig und man hat immer was zu tun, aber trotzdem reflektiert man viel mehr und denkt viel mehr über sich nach, als man das zu Hause jemals tun würde. Man ist sein ganzes Leben damit beschäftigt, rauszufinden, wer man ist und was man sein möchte – doch diese Reise gibt einem in diesem Prozess so einen riesigen Vorsprung gegenüber den Leuten zu Hause. Ich denke wirklich, dass manche von uns nicht wiederzuerkennen sein werden, wenn wir wieder in Bremerhaven einlaufen. Äußerlich, geistig, menschlich. Ob wir uns zum Guten oder Schlechtem verändert haben, liegt natürlich im Auge des Betrachters, aber man kann auf jeden Fall sagen, dass wir uns weiterentwickelt haben und an den Erfahrungen, die wir hier gesammelt haben, gewachsen sind.
Also, bis bald eure Carla.
---
Grüße:
- Carla T: Ich grüße Papa, Mama, Oma, Opapa, Nana, Jutta, Vera<33 und Fam, Henning und fam, Martin und Fam. Mir gehts suba ich werd braun und bin nicht seekrank. hab euch alle ganz doll lieb und freue mich euch wiederzusehen.
- Charlotte: Liebe Anna, alles Liebe und Gute zum Geburtstag! Ich hoffe, du hast einen schönen Tag! Leider kann ich heute nicht mit dir feiern, aber ich denke trotzdem an dich und wünsche dir nur das Beste für das neue Lebensjahr! Ich vermisse dich und hab dich ganz doll lieb! <3