30. April 2023 Sonntage an Bord
Hallöchen,
zu Hause würden mir wahrscheinlich viele zustimmen, wenn ich sagen würde, dass Samstag eindeutig besser sei als Sonntag, denn am Samstag kann man sich immer noch auf einen Tag Wochenende freuen. Hier an Bord sieht das Ganze jedoch anders aus. Sonntag ist für uns der schönste Tag der Woche. Um das zu verstehen werde ich euch erstmal erklären was an einem Samstag hier so passiert.
Wichtig für das Verständnis dieses Artikels ist, dass er ursprünglich vor zwei Monaten geschrieben wurde, als das Leben an Bord noch ziemlich anders aussah. Allerdings verschwand kurz danach auf mysteriöse Weise das Ladekabel des Laptops, bevor ich den Blog einreichen konnte, und tauchte erst vor zwei Tagen wieder auf. Dann erst war der Laptop wieder nutzbar und jetzt kann ich endlich den Blog hochladen.
Als ich den Blog an einem entspannten Sonntagvormittag schrieb, war unser Wachsystem noch ziemlich anders. Es fand noch Unterricht statt und jeder hatte jeden Tag Watch. Nach unserer Zeit auf den Azoren, war die Schule dann aber vorbei und wir hatten Zeit, um für die Schule zu Hause und den SBF-See zu lernen. Ab diesem Punkt hatten wir neue A- und B-Gruppen und auch neue Wachgruppen. Außerdem sieht unser Tag seitdem ganz anders aus.
Wir haben jeden zweiten Tag entweder acht Stunden Watch (Zweimal vier Stunden) oder aber Galley. Der nächste Tag ist dann unser freier Tag, an dem für uns weder Watch noch Galley anstehen, wir ausschlafen können und dann ganz entspannt lernen. Seitdem sind Sonntage nicht mehr unsere einzigen freien Tage und deshalb nicht mehr so besonders. Trotzdem sind die Studentmeetings natürlich nach wie vor ein Highlight des Tages, ebenso wie die Watch, die das HSHS-Team übernimmt, sodass wir alle zusammen Zeit verbringen können. Das nur als kurze Erklärung.
Jetzt aber zum Samstag wie er mal war.
Der Vormittag ist ganz normal. Die Schule beginnt für Gruppe A oder Gruppe B, je nachdem, ob wir gerade eine A- oder eine B-Woche haben, um 8:45 nach Frühstück und Responsibilities. Dann haben wir erstmal 1,5 Stunden Unterricht. Anschließend haben wir anderthalb Stunden Selfstudy-Time, also Zeit, in der wir für unsere Heimatsschule lernen können. Um 12 Uhr gibt es Mittagessen. Die Unterrichtseinheit für die jeweils andere Gruppe, die morgens noch keinen Unterricht hatte, findet um 13:30 Uhr nach den Mittagsresponsibilities statt.
Der nächste Programmpunkt ist dann um 15 Uhr der Deepclean. Wir lieben ihn alle. Eigentlich sollte dieser Teil des Tages nicht länger als bis 16:30 Uhr dauern. Allerdings sind wir meistes erst gegen 18 Uhr also pünktlich zum Abendessen fertig, weil es immer so lange dauert, bis alle Bereiche von der Crew kontrolliert und als sauber genug befunden wurden. Je nachdem welche Wache man gerade hat oder ob man Galleydienst hat, gestaltet sich der Tag natürlich auch nochmal etwas anders. Man sieht also: Samstag bleibt nicht viel Zeit, um einfach mal zu entspannen. meistens ist es sogar aufgrund des Deepcleans eher noch stressiger als andere Tage.
Glücklicherweise kommt nach Samstag Sonntag und da läuft alles wieder ganz anders. Es fängt schon damit an, dass sonntags kein Unterricht stattfindet. Zusätzlich können alle, abgesehen von der 8-12 Watch und der Morninggalley, bis um zwölf zum Mittagessen ausschlafen. Den Vormittag haben wir also komplett frei, es sei denn man hat Watch.
Wenn man schon vor dem Mittagessen oben in der Studentmess ist, findet man dort meist nur wenige Leute. Alle sitzen über die Tische verteilt und es ist zur Abwechslung mal angenehm leise, weil jeder einfach vor sich hin arbeitet. Manche schreiben Tagebuch und hören Musik, andere lernen für die Schule und wieder andere lesen einfach nur. Die Atmosphäre ist eine ganz andere als sonst in der Studentmess. Manchmal läuft noch leise entspannte Musik dazu und alle genießen einfach nur den freien Vormittag. Je näher das Mittagessen rückt, desto mehr Leute werden wach und kommen nach oben.
Den allgemeinen Wake-up-call gibt es gegen zwölf. Dann läuft jemand von der Watch mit Musik durch den Dorm und diejenigen, die noch schlafen, werden ganz sanft geweckt. Nach Mittagessen und Responsibilities geht es dann weiter mit der Freizeit. Manche gehen dann nochmal schlafen, aber die meisten chillen dann einfach in der Studentmess. Um drei wird es ein bisschen laut, denn dann probt unser High-Seas-Chor in der Studentmess. Die Probe geht immer bis Viertel nach vier, denn dann beginnt unser heißgeliebtes Studentmeeting.
Das HSHS-Team übernimmt sonntags immer die Watch von 16 bis 20 Uhr, sodass es auch wenn wir auf See sind, eine Zeit gibt, in der wir alle zusammen Freizeit haben. In dieser Zeit findet dann ein Meeting mit allen Schüler:innen statt. Das Meeting wird von den Studentrepresentatives geleitet und dort besprechen wir Dinge wie z. B. was wir beim nächsten Landaufenthalt unternehmen wollen oder aber Feedback für das HSHS-Team. Das sind natürlich alles wichtige Themen, doch meistens werden diese Meetings sehr lang, weil man einfach nicht zum Punkt kommt. Außerdem kommt es, wenn es um sehr umstrittene Themen geht, öfter mal zu Meinungsverschiedenheiten. Generell kann man sagen, dass Studentmeetings nicht unbedingt unsere Lieblingsbeschäftigung sind, aber sie sind nunmal notwendig.
Der Rest der HSHS-Team-Watch ist dann aber wiederum sehr entspannt, weil wir dann Zeit mit allen zusammen verbringen können, was sonst ziemlich unmöglich ist, weil immer jemand von uns Schüler:innen auf Wache ist.
Nachdem die 20-24 Uhr-Gruppe auf Wache ist, läuft der Abend relativ normal ab. Die Ersten gehen dann schon schlafen, weil sie beispielsweise eine Nightwatch haben, während die letzten noch in kleinen Gruppen bis 1 Uhr wachbleiben.
Ich hoffe, jetzt ist klar geworden, warum der Sonntag mittlerweile unser aller Lieblingstag an Bord ist. Es ist nämlich der einzige Tag, an dem wir ausschlafen können und keinen Unterricht haben. Außerdem haben wir so viel Freizeit, dass wir manchmal gar nicht wissen, wohin mit der Zeit. Ein weiterer Punkt, warum Sonntage toll sind, ist, dass wir Zeit mit allen als große Gemeinschaft verbringen können. Ihr seht, Sonntage bestehen eigentlich nur aus schönen Dingen, auf die man sich freut.
Jetzt kommt aber das Traurige:
Heute war der letzte Sonntag, den wir hier an Bord verbringen. Am Mittwoch ist die Reise dann vorbei und Sonntage sind wieder ganz anders. Natürlich hatten wir auch heute wieder ein Studentmeeting und nachdem die theoretische Prüfung für den SBF-See vorbei war, noch Freizeit, die wir auf der sonnigen Insel verbringen konnte. Da wurde dann auch das ein oder andere Eis mit Blick auf die Nachbarinsel Düne genossen. Insgesamt war es also trotz Prüfungen ein entspannter Sonntag, den wir alle noch einmal sehr geschätzt haben.
Bis dann,
eure Charlotte
----
Grüße:
- Charlotte: Liebe Grüße an alle zu Hause! Wir sehen uns am Mittwoch!
- Romy: Ich Grüße alle, alle und nochmals alle. Ich freue mich so riesig auf Mittwoch - nur noch zwei ganze Tage und ein paar Stunden. Ich freu mich auch endlich die Kekse zu probieren die ihr mir backt. Omas BITTE die Kekse mit zum Schiff bringen meine Lehrerin möchte auch mal probieren. Hab euch sooooooooooooooooo doll lieb! Eure kleine Romy. :)
- Nele: Ich grüße alle zu Hause, heute hatten wir die theoretische Prüfung für den SBF, die praktische folgt morgen. Danach bekommen wir die Ergebnisse.
---
Glossar:
- Gruppe A/Gruppe B: Unsere Gruppe ist in zwei Gruppen geteilt: Gruppe A und Gruppe B. Das sind die Gruppen, in denen wir Unterricht haben.
- Responsibilities: Bereiche, die wir mit unserer Responsibilitygruppe immer nach den Mahlzeiten putzen
- Deepclean: immer samstags stattfindende extralange Putzeinheit, in der wir besonders gründlich putzen und in der meistens auch das Deck geschrubbt wird
- Wache: Zeit, in der man mit seiner Wachgruppe dafür verantwortlich ist das Schiff zu segeln
- Galleydienst: Beim Galleydienst steht man den ganzen Vormittag oder den ganzen Nachmittag in der Küche und kocht. Dafür hat man dann keine Wache.
- Studentmess: Haupt-Aufenthaltsort an Bord für uns Schüler*innen
Wake-up-call: Aufwecken anderer Personen z B. derjenigen, die als nächstes auf Wache sind - Dorm: großer Schlafraum an Bord, wo alle Schüler*innen schlafen
Studentmeeting: wöchentliches Meeting nur mit Schüler*innen
Studentrepresentatives: Eine Person aus jeder der vier Wachen, die gewählt wurde und dann die Wache vertritt. Außerdem leiten die Studentreps das Studentmeeting und haben regelmäßig Meetings mit dem HSHS-Team.