19. Dezember 2022 Gehen noch mehr Unterschiede?

Nachtrag vom 11.12.2022
Koordinaten: 13°00 233’N 61°14 794’W
Position: St. Vincent
Wetter: Sonnig
Temperatur: zu warm
Wassertemperatur: Jula: warm, wenn man länger drin ist, aber eine schöne Abkühlung, wenn man rein springt.
Kurze Hosen Wetter: ja!
Stimmung an Bord: Richtig gut! Bisschen schleppend mit den Kranken, aber stolz darauf, den Atlantik überquert zu haben.
Weihnachtsstimmung: nicht wirklich, trotz Adventskalender und Adventskranz, denn das Wetter ist zu sonnig

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Moin Ihr Landgänger,

kennt Ihr das? Ihr sitzt im Klassenzimmer, auf einmal beginnt es zu schneien und alle recken ihre Köpfe, um einen Blick auf die weißen Flocken zu erhaschen. Wie Ihr Euch sicher denken könnt, beginnt es bei uns nicht einfach zu schneien, dafür passieren aber einige andere Sachen, die zu Hause (in der Schule) unvorstellbar wären. Diese stelle ich Euch heute im folgenden Blogartikel vor.

Unterricht an Bord

Unterricht an Bord © Vici

In der Schule zu Hause (Heimatschule) ist es wohl eher so, dass jeder an einer Hand abzählen kann, was den Unterricht stört, sei es nur für ein paar Minuten, wenn der erste Schnee fällt, bis einige Stunden, wenn es Hitzefrei ist. Hier an Bord der Gulden Leeuw gibt es manchmal etwas mehr Abwechslung.

Zuerst einmal muss ich dazu anmerken, dass es hier sehr schwer ist, Unterricht und Privates zu trennen. Am meisten merkt man das daran, dass der Unterricht in der Studentmess (Hauptraum) stattfindet, wo wir uns auch einfach in unserer Freizeit aufhalten können, oftmals unsere Mahlzeiten einnehmen und abends manchmal Filme schauen. Dadurch ist schon mal keine wirkliche räumliche Trennung vorhanden, diese wäre hier auch überhaupt nicht möglich. Hinzu kommt, dass unsere Lehrer:innen uns nicht nur unterrichten, sondern auch den ganzen Tag irgendwie um uns herum sind und wir uns nicht nur auf schulischer Basis unterhalten, sondern auch über private Themen. Nun aber dazu, was hier so Unglaubliches alles passieren kann während des Unterrichtes.

Hier sitzen wir im Unterricht und auf einmal wird ein Swimcall (wir halten an und jeder darf ins Wasser springen) ausgerufen. Ist klar, dass sich dann keiner mehr auf seinem Platz halten kann und alle schnellst möglich in ihre Badesachen schlüpfen, um schnell ins Wasser springen zu können. Dies ist natürlich eine willkommene Abwechslung.

Ein weiteres Highlight während des Unterrichts ist, wenn Delfine und/oder Wale gesichtet werden und alle entweder nach draußen laufen, oder von ihren Plätzen probieren, irgendwie einen Blick auf diese wundervollen Tiere werfen zu können, die neben unserem Schiff her schwimmen.

Was auch einiges an Aufruhe verursacht hat, ist, als nach drei Wochen Atlantiküberquerung jemand von der Watch in die Messe kam und ruft „Land in Sicht. Dann rannten einige nach draußen und versuchten das Land zu entdecken, auch wenn es zu dem Zeitpunkt nichts anderes als ein kleiner Landstrich über dem Horizont war.

Land ins Sicht

Nach drei Wochen auf dem Meer sorgt der Ruf »Land in Sicht« für einige Aufregung © Max S.

Einige haben direkt die Idee einen Blogartikel darüber zu schreiben, wie sich Kolumbus und seine Männer wohl gefühlt haben müssen, als sie das erste mal seit Wochen Land gesichtet hatten und beginnen direkt daran zu schreiben, weil sie schon fertig mit den Aufgaben sind. Wieder andere lassen sich davon gar nicht richtig beirren und arbeiten einfach still weiter an ihren Aufgaben.

Hinzu kommt, das gerade am Anfang immer wieder einige raus gelaufen sind. Wenn Ihr euch jetzt fragt wieso, ist dass zwar gerechtfertigt, erklärt sich aber ganz schnell, wenn man mal auf einem Schiff war. Ihr vermutet richtig: Seekrankheit! So saßen Schüler:innen teilweise mehrere Stunden draußen auf den Breezeways und haben auf den Horizont gestarrt. Dies hilft den meisten, ihre Seekrankheit zu überwinden. Manchen Schüler:innen, die es besonders schlimm erwischt hat, sind auch einfach wieder ins Bett gegangen. Ihr müsst bedenken, dass die Anzahl seekranker Personen auf die Anzahl der Personen, die normal krank sind addiert werden muss.

Das wohl größte Ereignis bis jetzt war aber, als Sofus (einer der Deckhands) das Horn des Schiffes blasen lies und alle Schüler sofort rausgeschaut haben, um heraus zu finden, was los ist. Die meisten spekulierten sofort, dass wir ein anderes Schiff grüßten. Was hättet Ihr gedacht, wenn Ihr das Horn hört? Der wahre Grund hinter diesem Lärm war, dass auf dem Mizzenmast ein Vogel saß. Sofus hatte sich mit diesem Vogel angelegt und wollte diesen durch das Blasen des Horns vertreiben. Der Vogel saß zuvor nämlich auf dem Upper-Top-Sail während Sofus auf dem Lower-Top-Sail arbeitete. Da Jens unser Engineer immer mal wieder Fische gefangen hatte, dachte sich Sofus, der in Grönland groß geworden ist und bereits in früher Kindheit einiges an Jagd-Erfahrung gesammelt hatte, er könne diesen Vogel jagen. Deswegen stieg er auf das Upper-Top-Sail mit seinem Segelmesser und probierte den Vogel zu erlegen. Der Vogel erhob sich daraufhin in die Luft und flog von vorne auf Sofus zu, der sich dann hinter dem Segel in Sicherheit brachte. Der Vogel setzte sich danach auf den Mizzennmast und schlief ein. Und nun wollte Sofus den Vogel vertreiben.

Deckhand Sofus arbeitet im Rigg

Deckhand Sofus arbeitet im Rigg © Tobi

Anstehen zum Essen

Anstehen zum Essen © Vici

Was jeden Tag passiert ist, dass die Klingel für das Mittagessen oder für den Fruitsnack geläutet wird, alle aufspringen und sich in die Schlange stellen, um möglichst schnell essen zu bekommen. Dies lässt sich wahrscheinlich gut mit der Situation in der Heimatschule vergleichen, wenn es zur Pause klingelt und alle beginnen, ihre Sachen zusammen zu packen, obwohl der/die Lehrer:in den Unterricht noch nicht beendet hat. Nur das wir hier uns nur drei Schritte bewegen müssen, um uns an der Schlange fürs Essen anzustellen und wir hier immer wieder zurückgerufen werden, um unsere Sachen weg zu räumen, damit wir dann dort essen können.

Eine weitere Ähnlichkeit von der Heimatschule zu hier ist, dass wir Probealarms haben. Diese finden im Gegensatz zur Heimatschule aber nicht während des Unterrichts statt. Hier finden Probealarms auch nicht nur zweimal innerhalb des Schuljahres statt, sondern eher mindestens einmal im Monat.

Schlussendlich noch zu der Sache, die viele von euch wohl als das Beste an der Schule ansehen: Ferien! Denn im Gegensatz zur Heimatschule haben wir erstens keine festen Ferien, oder bei uns treffender: „Unterrichtsfreie Zeit, sondern haben nur keinen Unterricht während der Landaufenthalte. Das bedeutet, wir haben aber trotzdem weiterhin Anchorwatch (dabei muss man darauf achten, dass der Anker hält und Safetyrounds machen) oder Gangwaywatch (dabei muss man neben der Gangway sitzen und überprüfen, dass nur befugte Leute an Bord kommen. Auch hier muss man Saftyrounds machen). Zudem haben wir weiterhin unsere Responsibilities. Dort gibt es zum Beispiel die Aufgabe Toiletten zu putzen oder die Studentmess aufzuräumen und noch vieles mehr!

Alles in allem lässt sich sagen, dass es hier einige unerwartete Ablenkungen gibt, die in der Heimatschule unvorstellbar wären. Aber auch die Ablenkungen die es zuhause vielleicht in Bezug auf Schneefall gibt, wäre hier momentan bei fast 30°C unvorstellbar. Ich kann mir zum Beispiel gerade gar nicht vorstellen, wie es sich anfühlt. zu frieren und sich jeden morgen warm anziehen zu müssen.

Ich hoffe trotzdem, dass ihr alle eine wunderschöne Vorweihnachtszeit habt und wünsche euch allen viel Spaß.

PS: Falls ihr Wortverstänisfragen habt schaut im Glossar nach.

Nele

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Grüße:

  • Nele: Ich wünsche allen zuhause gebliebenen eine wunderbare Zeit und hoffe ihr genießt die Zeit genau so wie ich. Ich schicke allen eine große Umarmung :) und vermisse euch ganz doll. Ich denke oft an euch.
  • Valentina: Ich grüße alle zu Hause, fühlt Euch umarmt! Auch liebe Grüße an alle vom Sommertörn! Ich hoffe, Ihr habt alle eine schöne Weihnachtszeit :)
  • Anna: Liebe Grüße aus der Karibik an meine Familie. Genießt die Weihnachtszeit und schätzt jede Schneeflocke wert; ich schwitze hier unfassbar. Bussis
  • Lilly: Ich grüße Laurina & Frieda. Hab euch wahnsinnig lieb und hoffe ihr verzeiht mir ;)
  • Romy: Ich grüße meine Eltern, Ronja, Julie und meine Geschwister. Wir hüpfen gerade von Insel zu Insel. Die Nächsten Postkarten werden in Grenader erst wieder von mir losgeschickt. Also bitte keine Hoffnungen machen. In Liebe eure Romy.