3. Februar 2023 Das hätte (K)nie passieren sollen

Moin,
wir schreiben Samstag, den 21. Januar in Longo Mai. Um 15:00 Uhr startete ein Fußballspiel zwischen den Schüler*innen von HSHS und den Jugendlichen aus Longo Mai, ich spielte als Torhüter. Am Anfang lief alles rund, wir schossen Tor nach Tor, doch nach ein paar Ein- und Auswechselungen der Gegner fingen auch sie an, Tore zu schießen. Letztendlich stand es also 4 zu 4.

Fußballspiel Deutschland : Costa Rica

Noch ist alles in Ordnung und Moritz hütet das Tor © Vici

Da es im Spiel also zu keiner Entscheidung kam, gingen wir in ein Elfmeterschießen. Den ersten Ball hielten beide Torhüter, danach traf das Team von Longo Mai, wir jedoch nicht. Und wieder ging der Ball bei mir ins Tor, haarscharf, aber trotzdem drin. Unserer danach ging wieder daneben. Nun der entscheidende Elfmeter. „Wenn der reingeht haben wir verloren“ dachte ich mir. Alle feuerten mich an, alle haben gehofft, dieses Spiel doch noch gewinnen zu können. Ein enormer Druck lastete nun auf mir. Der Schütze lief an und auch ich war zuversichtlich, dass ich den Ball halten würde. Der Ball ging in die untere, von mir aus rechte Ecke. Ich hatte den Ball schon fast, doch dann spürte ich auf einmal ungeheuren Schmerz in meinem Knie. Als ich zu meinem Knie guckte, war ich geschockt. Meine linke Kniescheibe stand in einem sehr ungesunden Winkel ab und mein Knie blutete von Schürfwunden.

Kniescheibe raus, na toll! Dann lag ich dort, vor Schmerzen gekrümmt (ich würde sagen auf einer Schmerzensskala von 1 bis 10 so eine 8,5 –  besser nicht machen, tut ein bisschen weh) und alle rannten sie zu mir. Spieler*innen, Zuschauer*innen, Kinder, Gasteltern, alle waren vertreten. Mein Körper pumpte mich in Höchstgeschwindigkeit mit Adrenalin voll und schon tat es nicht mehr weh. Ich wurde umsorgt, Johanna brachte mir Kuchen (war sehr lecker), ich bekam von einer Gastmutter Eistee und mir wurde Eis sowohl zum Kühlen als auch zum Essen gebracht. Ein etwas älterer Herr, der sich anscheinend ganz gut mit Verletzungen auszukennen schien, wurde geholt, hockte sich neben mein Knie und renkte die Kniescheibe einfach wieder ein. So schön so gut.

Nun war der Rettungswagen unterwegs, damit noch ein Röntgenbild gemacht und ich über das weitere Verfahren beraten werden konnte. Als ich nun mit Pädagoge Max im Krankenwagen saß, bzw. lag, bekam der Krankenwagenfahrer noch einen weiteren Anruf aus der Gegend. Da mein Fall nicht so sehr dringend war und im Rettungswagen noch Platz war, fuhren wir also noch zu einer jungen Frau mit Bauchbeschwerden. Vermutung auf Appendizitis.

Moritz wird in den Krankenwagen verfrachtet

Moritz wird in den Krankenwagen verfrachtet © Vici

Als wir im Krankenhaus angekommen waren, wurde ich auf einen Rollstuhl verfrachtet und ins Wartezimmer gesetzt. Irgendwann, nachdem meine Daten aufgenommen wurden, wurde ich aufgerufen. Der Arzt war ein circa 40 Jahre alter, höchst unmotivierter, nur Spanisch nuschelnder Mann mit zurückgegelten Haaren. Er brachte mich auf eine Liege – höchst schmerzhaft für mein stark geschwollenes Knie – und drückte ein wenig hier, ein bisschen da und kam dann zum Schluss, man müsse die Flüssigkeit aus meinem Knie entfernen. Wenn eine Spritze mit einem relativ hohen Durchmesser einen Unterdruck von gefühlten -6957359672 bar (wahrscheinlich so -100 mbar aber egal) in einem Knie erzeugt, ist das äußerst schmerzhaft. Auf der Schmerzskala eine solide 9, meiner Meinung nach.
(Zum Verständnis für Männer: Ungefähr so schmerzhaft wie als würde euch ein Baseball direkt in die Hoden fliegen. Und das dann für drei Minuten. Zum Verständnis für Frauen und alle anderen: Keine Ahnung wie ihr Schmerz empfindet aber tut weh.)

Röntgen im Krankenhaus

Röntgen im Krankenhaus © Nanna

Moritz in Erwartung der Spritze

Moritz in Erwartung der Spritze © Nanna

Danach gings noch zum Röntgen und zum Glück war nichts gebrochen. Also nur noch zur Endbesprechung mit unserem Lieblingsdoc, dachten Max und ich. Denkste! Unser Doc wurde zu dem Zeitpunkt auf der Intensivstation gebraucht und wir mussten dann halt die zwei Stunden warten. Als er dann endlich wieder da war gabs ein klitzekleines (Ironie) Problem. Er hatte die Röntgenbilder nicht. Der Arzt, der die Röntgenbilder gemacht hatte, war dann aber schon seit 20 Minuten zuhause, also hatten wir kein Röntgenbild und hätten am nächsten Morgen nochmal wiederkommen müssen, wenn wir uns nicht dazu entschieden hätten, am nächsten Morgen einfach in ein anderes Krankenhaus, mit dem wir schon gute Erfahrungen gemacht hatten, zu fahren und die ganze Prozedur zu wiederholen. Also wieder mit Spritze und Röntgenbild (danke an der Stelle an Nanna, dass ich bei der Spritze deine Hand vor Schmerzen zusammendrücken durfte).

Na ja, jetzt darf ich auf jeden Fall vier Wochen keinen Sport machen, muss mein Bein schonen und Ibuprofen nehmen. Hätte schlimmer kommen können.
Und die Moral aus der Geschicht: Möchtet ihr Essen umsonst von random Menschen bekommen, einfach Kniescheibe rausrutschen lassen.

Ich hoffe, dass es euch besser geht als mir
und dass ihr besser geht als ich.

Bis denne
Moritz


PS: Der Ball war trotzdem im Tor -_-
PPS: Danke an Tobi für den kreativen Titel :)
Alternativtitel war übrigens „Ach du Scheibe“.

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Es gibt zwei ebenso kurze wie aufschlussreiche Tondokumente, die unmittelbar nach dem Spiel aufgenommen wurden und die dramatische Situation gut beschreiben. Da für uns der Aufwand, sie in diese Website einzupflegen, recht hoch ist und auch das Anhören nicht für jeden Blogleser möglich ist, haben wir sie nachfolgend transkribiert:
Moritz: (klingt erschöpft) »Wir haben leider verloren!«
Maja: »… aber sie haben alles gegeben – sogar ihre Kniescheiben!«

Auf unserem Instagram-Kanal findet Ihr sogar ein kurzes Video
von dem verhängnisvollen letzten Elfmeter-Schuss.
Klickt [hier] um es anzusehen. 

Titelbild: Trauriges Siegerpodest: Tobi mit Fußverletzung und Moritz mit kaputtem Knie © Nathalie

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Grüße

  • Moritz: Ganz liebe Grüße an die liebe Anette. Hab diesmal nicht vergessen, dich zu grüßen! Und natürlich auch an die tollste Oma der Welt sowie Mama und Papa. Macht euch nicht zu viele Sorgen, mir geht’s trotzdem gut.
  • Jula: Ich grüße Miriam, Annika, meine Schwestern und meine Großeltern, ich habe euch alle ganz doll lieb und vermisse euch.
  • Nanna: Hallo Ginalein, ich liebe dich. Dominik, Jonas, passt auf euch auf. Mama das Piercing hat sich noch nicht entzündet. Hallo Opa, ich vermisse dich!
  • Luna: Huhu, ich hätte einen Wunsch an meinen lieben Nachbarn Bernt. Und zwar, hätte ich gerne deine Krabbensuppe, wenn ich wieder da bin. Bis ganz bald und fühlt euch gedrückt.
  • Laura: Ich grüße Kathi und Lucia, denen mal wieder im Physikunterricht langweilig ist und diesen Blog lesen. Vergesst nicht, euch zu konzentrieren ;) Bis bald!!!
  • Eva: Ich grüße meine Eltern und hoffe ihr könnt bald wieder geiles essen in eurer Küche kochen
  • Carla T: Ich grüße Mama, Papa, Oma, Opapa und Nana. Mir geht’s super ich bin gesund und freue mich wieder aufs schiff hab euch alle ganz doll lieb und vermisse euch.
  • Maja: Viele viele grüße an meine Eltern, Carla, Nelly und Daggi, Patentante Vik und alle meine Freunde!! <3
  • Vici: Grüße an Daniel. Sport ist Mord, wie wir alle wissen.