17. Dezember 2021 Anousch – unsere erste Offizierin

Position: Martinique, vor Anker (Le Marin)
zurückgelegte Seemeilen: 6146,37
Wetter: windig, sonnig und teils wolkig
Wind NO 4 · Luftdruck: 1011 hPa
Stimmung an Bord: glücklich, angekommen zu sein

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»Der Tag, an dem ich das Segeln aufgeben werde, wird der Traurigste in meinem Leben«

Anousch

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Hallihallo Hallöchen,

heute möchte ich euch mal wieder eine Person bei uns an Bord vorstellen: Anousch, unsere erste Offizierin. Eigentlich möchte ich gar nicht viel drumherum reden und direkt anfangen, nur noch eine kurze Anmerkung: das gesamte Gespräch wurde auf Englisch geführt und ist daher hier in übersetzter Form sowie danach in originaler Form zu lesen.

 

Jule: Hallo Anousch, wie geht es dir?
Anousch: Mir geht es sehr gut. Es ist wunderbares Segelwetter und wir sind dabei, den Atlantik zu überqueren. Alles läuft wunderbar!

Würdest du dich einmal bitte kurz vorstellen?
Ich heiße Anousch und komme aus Belgien. Ich bin 27 Jahre alt und hier an Bord die erste Offizierin.

Als unsere erste Offizierin, was sind deine Aufgaben hier an Bord?
Ich übernehme die 4 bis 8 Uhr und die 16 bis 20 Uhr Wache. Außerdem überprüfe ich alles an Equipment hier an Bord: zum Beispiel zähle ich einmal monatlich alle Schwimmwesten und prüfe, ob sie  heil sind. Zu meinen Aufgaben gehört aber auch das sogenannte ’Voyage Planning‘, was die Planung der nächsten Seeetappe und auch die Hafenabsprachen umfasst. Aktuell mache ich viel Seekartenkorrektur und allgemein alle Pläne hier an Bord, den Wachplan und die Planung für den Schiffsalltag während der Landaufenthalte. Auch stelle ich sicher, dass jede:r dort ist, wo er oder sie sein soll: zum Beispiel mache ich die Ansagen, um mitzuteilen, wenn Meetings stattfinden. Und natürlich mache ich ’Sail Training‘.

Gefällt dir deine Arbeit hier? Gibt es auch negative Aspekte bei der Arbeit auf dem Schiff?
Ich liebe meinen Job hier an Bord der Gulden Leeuw. Einer der großen Nachteile ist natürlich, dass man weit weg von zu Hause und seiner Familie ist. Jeder auf einem Schiff wird früher oder später einmal Heimweh haben. Aber hier auf See hat man auch so etwas wie eine 2. Familie. Manchmal hat man auch Schlafmangel, was auch nicht das Schönste ist. Aber das ist halt so.

Wirst du immer noch seekrank?
JAAAA, leider. Es ist aber Teil meines Jobs, wenn auch nicht der Angenehmste.

Wie bist du aufs Segeln gekommen?
Ich habe mit neun Jahren ’Dinghi-Segeln‘ angefangen und mit fünfzehn bin ich dann bei meinem ersten ’Tall Ship Race‘ (Rennen von traditionellen Seglern gegeneinander) mitgefahren. Das hat mich so fasziniert und ich hatte so viel Freude daran, dass ich jeden Sommer gefahren bin. Später bin ich dann auf eine maritime Universität und dann bin ich wieder an Bord von verschiedenen Traditionsseglern gesegelt.

Wie bist du Offizierin geworden?
Ich habe als Trainee angefangen und habe mich nach und nach immer weiter hochgearbeitet. Und jetzt bin ich da, wo ich gerade bin.

Wie siehst du uns Schüler:innen als Gruppe?
Ihr seid eine sehr tolle Gruppe. Es gibt, wie in jeder großen Menschengruppe, Hochs und Tiefs, aber das ist normal. Das alles macht euch nur noch stärker und ihr wachst immer mehr zusammen.

Was ist für dich das Wichtigste an einer Bordgemeinschaft?
Dass man einander respektiert, einander hilft und sich nicht zerstreitet. Jeder wird einmal einen schlechten Tag haben und trotzdem müssen wir miteinander auskommen. Daher lächelt einfach immer weiter, denn Lächeln ist die schönste Form der Emotionen.

Vermisst du deine Familie und Freund:innen sehr?
Auf jeden Fall. Immer, wenn ich nach Hause komme, freue ich mich unglaublich. Meine Freunde sind meist verwundert, dass ich da bin und sagen so etwas wie: „Ohh du bist schon wieder zu Hause“ mit leichtem Sarkasmus in der Stimme und ich lache immer darüber, da es fast drei Monate waren.

Ich glaube, ich habe eine ganz gute Metapher zu dieser Art von Leben gefunden: Unsere Welt hier auf See und die Welt zu Hause sind zwei Fernsehsender. Beide laufen gleichzeitig und wir wechseln zwischen beiden. Ob wir jetzt auf dem einen oder anderen „zuschauen“, der jeweils andere wird immer weiterlaufen. Wir können nicht auf Pause drücken, da das Leben auch immer weiter geht.
Und ich liebe beide Sender <3

Was war bisher das schönste Erlebnis in deinem Leben auf See oder in Verbindung mit hier?
Ufff schwere Frage, ich glaube ich kann mich gar nicht entscheiden. Ein wundervoller Moment war, als ich das erste Mal in die Karibik gefahren bin, es ist einfach magisch. Bei magisch fällt mir noch fluoreszierendes Wasser ein, es ist wunderschön, wenn auf einmal die Wellen leuchten. Auch jedes Mal, sobald Delphine mit uns schwimmen.  Etwas, was nicht gleich jede Person als schön identifiziert, ist jeder einzelne Sturm, da dort jedes Mal aufs Neue die Gruppe enger zusammenwächst. Der Adrenalinschub ist einfach unglaublich, wenn man an Deck steht und fast wegfliegt, Gischt überall und der Himmel von Blitzen überseht. Man weiß genau was man tun muss.

Könntest du dir ein Leben ohne Segeln vorstellen?
Mein alter Kapitän hat mal zu mir gesagt: Der Tag, an welchem ich mit dem Segeln aufhören werde, wird der Traurigste in meinem ganzen Leben.  Und ich werde damit aufhören, wenn ich eine Familie gründe, denn ich will nicht meine Familie oder auch Kinder hinter mir lassen.

Gibt es eine Sache, die du unseren Leser:innen mit auf den Weg geben willst?
Ich bin sehr stolz auf die Schüler:innen. Sie schaffen hier Unglaubliches und sind ein super starkes Team. Ein besonderer Dank gilt aber auch den Eltern, da sie uns das Vertrauen schenken, auf ihre Kinder aufzupassen und für sie Sorge zu tragen.

Vielen Dank für deine Zeit :)
Gar kein Problem, mir hat es auch sehr viel Spaß gemacht

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Jule: Hi Anousch, how are you?
Anousch: I’m very good. It’s wonderful sailing weather and we are doing great with the crossing (Atlantic).

Would you maybe introduce yourself to the readers shortly?
My name is Anousch, I’m from Belgium. I’m 27 years old and I’m the first officer here on board of the Gulden Leeuw. 

As you said you are the first officer so what are your responsibilities and tasks?
I have the four to eight watch in the morning and at the same time in the afternoon. I also check the safety equipment regularly for example counting the lifevests once a month and look if they are broken. One of my tasks is also the “Voyage Planning”, the planning of the next part of our tour, also the preparation of the anchor or harbour places is my thingy*. Right now I do lots of chart work, but you are helping, that’s great. Most of the time I’m spending doing schedules either for the crew or students. The watch schedule or the on-shore planning, I’m doing most of it. I also make sure everybody is where he or she is meant to be, for example with the announcements to tell that the meeting is starting in some minutes. And of cause I’m doing ”sail training“!

Do you like your work here? Are there also negative aspects of working on a ship?
I love my job here on board of the Gulden Leeuw. One of the big disadvantages of working on sea is that you are far away from home and your family. Everybody on a ship gets home sick one time, adults too. But here on sea you also have something like a second family. The lack of sleep that is not the best part of working here, but it is what it is.

Next Question: Do you still get sea sick?
YEEES, unfortunately. It’s part of the job, but definitely not the nicest.

How did you become a sailor?
At age 9 I started Dinghy sailing and when I was 15, I took part in my first Tall Ship Races (a race of different traditional sailing vessels against each other). That was so fantastic and it was so much fun that I started sailing races every summer. Later I went to a maritime college and then I started sailing as a job.

How did you become an officer?
I also started as a trainee and just kept climbing on the ladder. Today I’m here where I want to be.

How do you see us as student group?
You are a very good group. I’s normal that there are some ups and downs, especially in such a big group. But all of this is making you even stronger and you are getting closer every time you solve a problem.

What is the most important thingy* about living on a boat together?
That you respect each other, also that you help others and you don’t argue that much. Everyone could have a bad day one time, but we have to live with everyone anyways. So just keep on smiling :), because smiling is the most wonderful emotion.

Do you miss you friends and family at home?
Of course! Always when I come home I’m so happy to be there. When I come home my friends be like: „Ohh you are home again “and I’m like: “Yes, it was 3 months and then we are all laughing.

I think I found a good metaphor for this life:
It’s like two television channels. When you come home, you switch between the channels. Both are running at the same time and you can’t pause them. You can’t watch both at the same time but you enjoy the time you are watching each of them. It’s the same with our life. We can’t stop it but we like the time we are spending in each.
And I personally love both channels <3

What was the greatest moment you ever experienced on sea or in your sea life in general?
Ufff difficult question. I can’t decide. Maybe entering the Caribbean for the first time, it was magical. Also, fluorescent water looks very mystical and wonderful, when the waves start shining. Every time when dolphins are swimming next to our ship is very beautiful. Some people do not like storms, but ask all sailors, we would like one sometimes. When you have a storm, it gets the group tighter. The adrenalin is impossibly cool when you stand on deck nearly flying away, water everywhere, lightnings over the whole sky and everybody knows what to do.

Can you imagine a life without sailing?
An old captain once said to me: The day you stop sailing will be the saddest in your life. And I will stop sailing when I start a family, because I don’t want to leave my future kids behind.

Is there something you want to say to our readers?
I’m very proud of the students. They’re doing amazing and are a strong team. A special thank you to the parents for giving us the trust to take care of their children.

Thanks for your time :)
No problem, I really enjoyed it.

Foto von Anousch: © Maxi
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*some time ago Anousch started adding -y to the end of word, for example rope = Ropey. Everybody on board thought that this is so cute, so some of us also started it.

Grüße an alle Freunde und Verwandten der Crew.
Best Greetings to all the friends and families of the crew.